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Hallenser turnt als Papa um Paris Erfüllt sich Nick Klessing seinen Traum von Olympia?

Seit Februar ist Nick Klessing Vater. Erfüllt sich der Turner vom SV Halle nun auch seinen sportlichen Traum?

Von Fabian Wölfling Aktualisiert: 10.04.2024, 10:51
Nick Klessing zählt, wenn fit und in Form, an den Ringen zu den stärksten Athleten der Welt.
Nick Klessing zählt, wenn fit und in Form, an den Ringen zu den stärksten Athleten der Welt. (Foto: Imago/Schreyer)

Halle/MZ - Äußerlich ist das fundamental lebensverändernde Ereignis, das alles in ein Vorher und Nachher teilt, nicht zu erahnen. Schatten unter den Augen, die typischen Spuren schlafloser Stunden, sind bei Nick Klessing nicht zu sehen. „Ich kann nur ein großes Lob an meine Frau aussprechen. Sie übernimmt die Nächte, lässt mich weiterschlafen“, erklärt er.

Vor knapp zwei Monaten, am 17. Februar, hat Frau Sandra Sohn Keno, ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Allen geht es gut, auch in das Windelwechseln hat sich Klessing „reingefuchst“, wie er sagt. Trotzdem: Innerlich befindet sich der Spitzenturner des SV Halle noch in einem Transformationsprozess. „Es ist noch nicht ganz angekommen“, sagt Klessing über seine neue Vaterrolle. „Ich denke, dass wird sich ändern, wenn der Kleine aktiver wird. Dann werde ich erst richtig realisieren, dass ich Papa geworden bin. Jetzt ist er noch ein kleines Menschlein.“

Am 17. Februar kam Nick Klessings Sohn Keno zur Welt.
Am 17. Februar kam Nick Klessings Sohn Keno zur Welt.
(Foto: Klessing)

Mit 26 Jahren steht Nick Klessing voll im Leben. Er ist Vater, Ehemann, Polizeimeister. Seit September 2021 ist er mit Sandra verheiratet, hat mit ihr ein Haus in der Nähe von Halle bezogen. Seine Ausbildung bei der Polizei hatte er bereits im Februar 2021 abgeschlossen. Inzwischen ist Klessing sogar Beamter auf Lebenszeit.

Im Turnen, dem Sport seines Lebens, seiner Passion, ist Klessing trotz vieler Erfolge aber noch ein Unvollendeter.

Sein Traum ist bisher unerfüllt. Klessing will es zu den Olympischen Spielen schaffen. Vorher, so hat er das 2023 vor der EM in Antalya in einem Interview des Deutschen Turner Bundes gesagt, „könnte ich nicht in Frieden in den Turn-Ruhestand gehen“.

2021 war Nick Klessing Ersatzmann bei Olympia

2021 war das 1,60 Meter große Kraftpaket nah dran. Klessing reiste mit nach Japan, bereitete sich mit dem Nationalteam auf die Spiele in Tokio vor. Als die Kollegen, unter ihnen seine halleschen Trainingsgefährten Lukas Dauser und Nils Dunkel, ins Olympische Dorf weiterzogen, musste er als Ersatzmann aber zurückbleiben. Strenge Regeln, erlassen aufgrund der damals grassierenden Corona-Pandemie, schrieben das vor.

Seinem Traum so nah und doch so fern zu sein, das setzte Klessing zu. „Nachdem es nicht geklappt hat, war ich eine Woche sehr niedergeschlagen, wollte mit niemanden darüber reden“, berichtet er über dunkle Stunden. „Aber du musst den Part irgendwann einnehmen, das Team unterstützen.“

Ersatzmann, diese undankbare Rolle, will Klessing hinter sich lassen. Auch bei der WM im Vorjahr war er das. Weil Andreas Toba aber ausfiel, turnte Klessing. Er half mit, das Olympia-Ticket für das deutsche Team zu sichern.

Seinen Frieden könnte Klessing, Junioren-Europameister und WM-Finalteilnehmer bei den Erwachsenen an den Ringen, dieses Jahr machen. Die Chancen des gebürtigen Sachsen, der seit über zehn Jahre in Halle lebt, stehen nicht schlecht.

Im Vergleich zu 2021 gibt es diesmal fünf statt vier Plätze im Team. Sieben ernsthafte Anwärter, so schätzt es Klessing ein, kämpfen darum. Die Entscheidung, wer nach Paris fährt, fällt im Sommer bei einer zweigeteilten Qualifikation. „Da muss ich gut sein, meine beste Leistung abrufen“, sagt er. Vor allem an seinen Paradegeräten, Ringe, Boden und Sprung, will er glänzen, sich so für den Bundestrainer unverzichtbar machen.

Körperlich fühlt sich Klessing bereit, auch wenn die Schulter, an der er 2021 operiert worden ist, „immer wieder Probleme macht“, wie er sagt. „Aber es geht. Ich konnte kontinuierlich trainieren, meine Übungen für die EM und die Sommerspiele vorbereiten.“

Macht Nick Klessing bis zu den Spielen in Los Angeles weiter?

Die kontinentalen Titelkämpfe in Rimini im April sollen ein erster Höhepunkt auf dem Weg zu seinem großen Traum werden. Die nationale Qualifikation wird am Donnerstag in Kienbaum ausgetragen.

Das übergeordnete Ziel bleibt Paris. Ist es die letzte Chance für Klessing, sich seinen Traum zu erfüllen? „Ich werde danach nicht aufhören“, betont der Sportpolizist, der seine Dienstzeit in der Turnhalle verbringt. „Mal schauen, wie lange es noch läuft.“

Einen noch sehr kleinen, aber stetig wachsenden Antrieb bis zu den Spielen in Los Angeles 2028 weiterzumachen, gibt es jetzt ja aber. Sohn Keno wäre dann vier, könnte seinem Papa zujubeln. „Das wäre eine Motivation“, sagt Klessing.