"Er wird in Dunkelheit leben" "Er wird in Dunkelheit leben": Gemeinde-Chef: Halle-Prozess hat Antworten geliefert
Magdeburg - Der Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag von Halle hat nach Einschätzung des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorozki, viele Fragen der Überlebeden beantwortet. Für ihn sei etwa wichtig gewesen zu wissen, wie sich der Täter radikalisierte und ob er alleine handelte. „Ich meine jetzt, Antworten zu haben“, sagte Privorozki, der den Anschlag in der Synagoge überlebt hatte, am Dienstag vor Gericht.
So sei in dem Verfahren klar geworden, dass nicht die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 oder rechtsextremistische Online-Foren den Angeklagten radikalisiert hätten. „Nach meiner Überzeugung liegt dieser Hass weder im Internet noch in den Ereignissen vor fünf Jahren begründet, er liegt in der Familie“, sagte Privorozki. Eltern und Schwestern hatten Gebrauch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemacht, Anwälte der Nebenklage hatten immer wieder kritisiert, dass die Eltern den Angeklagten nicht von der Tat abgehalten hätten.
Gemeinde-Chef erinnert an die Todesopfer Jana Lange und Kevin Schwarze
Mit Blick auf die bevorstehenden Feste Chanukka und Weihnachten erinnerte der Gemeinde-Chef in seinem Plädoyer an die beiden Getöteten Jana Lange und Kevin Schwarze. Sowohl Chanukka als auch Weihnachten seien Lichterfeste, sagte Privorozki. Das Licht der beiden Seelen der Toten werde dabei aus dem Himmel auf uns hinabscheinen. „Wir haben das Licht gewählt, der Angeklagte die Dunkelheit“, sagte Privorozki. „So wird er auch in Zukunft in Dunkelheit leben müssen.“
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Terrorist versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin die Passantin Jana Lange und später in einem Döner-Imbiss Kevin Schwarze. Der Prozess am Oberlandesgericht Naumburg läuft seit Juli, findet aus Platzgründen aber in Magdeburg statt. Der Deutsche Stephan B. hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungserzählungen begründet. Mit einem Urteil wird am 21. Dezember gerechnet. (dpa)