Ende des «Blauen Wunders»
Salzmünde/MZ. - Am Samstag um 19.15 Uhr ist an der Saale zwischen Salzmünde und dem Ortsteil Pfützthal eine Ära zu Ende gegangen: Die Stahlbrücke, über die bislang eine Erdölpipeline führte, wurde von einem Kran ausgehoben. Eine Stunde später lag die Konstruktion am Ufer. Die Rohrbrücke wurde wegen ihres Anstrichs "Blaues Wunder" genannt. Sie war die einzige Stelle, an der die Erdölleitung, die die Raffinerie Leuna versorgt, überirdisch verlief.
Brücke wehrt sich
Als ob sich die Brücke gegen den Abriss wehrt, bereitete sie den Mitarbeitern einer Nordhäuser Spezialfirma Probleme. Das Anbringen der Stahltrosse, mit denen die Brücke ausgehoben werden sollte, erwies sich als kompliziert. "Die Seile müssen Millimeter genau angebracht werden, damit die Brücke beim Ausheben gerade liegt und nicht zur Seite kippt", sagte Hans-Jörg Schmidt. Er ist bei der Mineralölverbundleitung GmbH in Schwedt (MVL), die die Erdölpipeline betreibt, Technik-Leiter und überwachte die Demontage.
Als die Stahltrosse angebracht waren, ließ sich die Brücke zudem nicht gleich aus den Lagern heben. Doch Rostlöser und mechanische Bearbeitung der Lager brachen den Widerstand, und die 70 Meter lange und 70 Tonnen schwere Brücke schwebte in die Lüfte. In den kommenden Tagen wird sie in ihre Einzelteile zerlegt. "Bis August sollen auch die Pfeiler und die Spundwände abgebaut sein", sagte Schmidt.
Die Brücke war 1973 errichtet worden. Auf ihr querte eine aus Schwedt kommende Rohrleitung die Saale, während eine weitere, parallel verlegte Pipeline seit jeher unter dem Fluss hindurchführt. Warum man damals diese Lösung gewählt hat, konnte auch MVL-Mann Schmidt nicht sagen. Vor dem Brückenabriss war auch die zweite Leitung unter den Fluss verlegt worden, um Unterhaltungskosten für die Brücke zu sparen.
Öl aus Russland
Die beiden Pipelines sind jeweils 336 Kilometer lang. Über sie bezieht Leuna aus Schwedt Rohstoffe für den Raffineriebetrieb. In Schwedt wiederum endet die "Drushba-Trasse", die zu DDR-Zeiten errichtet wurde und über die Russland Erdöl liefert. Einige wenige Schaulustige verfolgten den Abriss. Im Vorfeld hatte es Kritik gegeben, dass die Brücke nicht erhalten und für die Nutzung durch Fußgänger und Radfahrer umgebaut wird. Zwischen Halle-Kröllwitz und Könnern gibt es keinen weiteren Saaleübergang - ein Nachteil auch für den wachsenden Rad-Tourismus. Aber weder die Gemeinde Salzmünde noch die Verwaltung des Saalekreises sahen sich finanziell für den Erhalt in der Lage.