Eiseck in Kanena Eiseck in Kanena: Das Runde muss ins Leckere

Halle (Saale) - Es bleibt gerade noch genug Zeit, die Stühle nach draußen an ihren Platz zu bringen und die Schürze schnell festzuschnüren, bevor sich am Eiseck von Reinhard Radsch eine kleine Schlange gebildet hat. Zum Mittag gibt es Bockwurst mit Weißbrot für 1,15 Euro. Hinter einem großen Bauarbeiterrücken schiebt ein Junge sein Gesicht neugierig in Richtung Eistheke vorbei. „Vor zwei Wochen saß ich hier noch mit Schal und Pudelmütze und habe versucht, mein Eis zu verkaufen“, sagt Reinhard Radsch, „Da lief gar nichts. Das Wetter macht’s eben.“
Von Anfang April bis Mitte Oktober steht der 60-Jährige in seinem kleinen Eis-Häuschen in Halle-Kanena. Dann, wenn andere entspannt zum Baden an den Hufeisensee fahren oder auf Radtour unterwegs sind. Und dann, wenn Kinder in den Ferien eine Kugel mehr essen dürfen. An diesen Tagen arbeitet Radsch auf Hochtouren. Allein und ohne Ruhetag. „Ich selbst bin überhaupt kein großer Eis-Esser“, sagt er, „wenn es mich aber doch überkommt, esse ich gleich fünf Kugeln auf einmal. Oder sechs. Oder sieben.“ Ein gutes Eis muss immer Appetit auf eine Kugel mehr machen, meint Reinhard Radsch.
Über Umwege zur Selbstständigkeit
Zu seiner Selbstständigkeit gelangte der Hallenser über Umwege: „Früher war ich Leistungssportler.“ Vom HFC kam Radsch zur BSG Chemie Buna Schkopau und spielte für die Mannschaft in der DDR-Oberliga. Nach einer schweren Verletzung war seine Sportlerkarriere beendet.
Das kleine Eiseck gab es zu dieser Zeit bereits. Seine Schwiegermutter hatte zunächst für ihre Bäckerei in Kleinkugel in Thermobehältern aus Glas auch Eis in die umliegenden Dörfer gefahren. „Damals hatte das Eis aber auch noch eine andere Konsistenz“, sagt Radsch, „es war viel fester“. Später wurde das Eck in Kanena als fester Standort genutzt. Und als sich die Schwiegermutter Ende der 1980er in den Ruhestand verabschiedete, übernahm Reinhard Radsch. Statt Bälle bestimmen seitdem Eiskugeln den Berufsalltag.
Über 40 Sorten hat der Inhaber heute im Angebot, die im Wechsel angeboten werden. Zwischen zwölf Geschmacksrichtungen kann täglich gewählt werden. Neben den Klassikern Schoko, Vanille und Stracciatella gibt es auch Kastanie oder Lakritz, Mocca oder Honig. „Die Sorten dürfen aber auch nicht zu ausgefallen sein“, sagt Reinhard Radsch.
Muschelwaffeln besonders beliebt
Deshalb setzt er auch auf Bewährtes. Muschelwaffeln zum Beispiel. Die finden seine Kunden besonders lecker. „Keine Angst, die stammen nicht aus alten Beständen“, sagt Radsch und setzt ein breites Grinsen auf. Die Waffeln werden eigens geliefert.
Auch wenn die Arbeit im Eiseck seine Schwierigkeiten mit sich bringt - „Reich wird man mit der Arbeit nicht“, sagt Reinhard Radsch - genießt er die schönen Zeiten mit seinen Kunden und vor allem auch mit Kindern. Der Vater eines erwachsenen Sohnes will so lange weiter machen, wie das Geschäft sich selbst trägt und die Gesundheit mitspielt. Einige Jahre werden so wohl noch zusammenkommen. Seine Selbstständigkeit aufzugeben, kann er sich zumindest nicht vorstellen. Dafür ist er dann doch zu gern sein eigener Chef.
Radschs Eiseck, Kanena, Zum Planetarium 23, geöffnet täglich von 11 bis 19 Uhr (cwi)