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Druckkammerzentrum der Uniklinik Halle  Druckkammerzentrum der Uniklinik Halle : Rettung unter Druck

Von MICHAEL FALGOWSKI 12.05.2015, 14:15
In der Druckkammer der Universität wird eine Patientin für die Sauerstoff-Therapie vorbereitet.
In der Druckkammer der Universität wird eine Patientin für die Sauerstoff-Therapie vorbereitet. ARCHIV /GÜNTER BAUER Lizenz

Halle (Saale) - In Halle werden immer wieder Taucher nach Unfällen behandelt. Wenn Verunglückte an der Taucherkrankheit leiden - Gasbläschen im Blut etwa infolge zu schnellen Auftauchens - werden sie in der Druckkammer der Universitätskliniken therapiert. So auch am Wochenende, als ein 59-jähriger Tauchsportler aus Schleswig-Holstein bewusstlos im bekannten Tauchrevier im Löbejüner Steinbruch trieb. Glücklicherweise konnte der Taucher reanimiert werden. In der Druckkammer wurde der Patient sofort auf künstliche „Tauchfahrt“ geschickt. Vier bis sechs Stunden lang hat der Patient in mehreren Sitzungen in der Röhre reinen Sauerstoff unter Überdruck eingeatmet.

Druckkammerzentrum mit 24-Stunden-Bereitschaft

In diesem Jahr habe man so bereits mehrere verunglückte Taucher therapiert, sagt Birgit Schenk, die als Oberärztin den Druckkammer-Bereich leitet. Aus ganz Deutschland werden Patienten nach Halle eingeflogen, denn das Druckkammerzentrum des Instituts für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Uniklinik ist eines der ganz wenigen überhaupt, das eine 24-Stunden-Bereitschaft hat und schwerstkranke Patienten unter Fortführung einer Intensivtherapie einschließlich maschineller Beatmung in der Druckkammer behandelt. Insgesamt gibt es nur mehr als 40 solcher Kammern in Deutschland. In Halle steht seit 2001 die einzige von Sachsen-Anhalt.

Tauchkammer zieht nach Kröllwitz um

Doch lange war das besondere Therapie-Angebot in der Außenstelle der Dryanderstraße in Halles Süden gefährdet. Vor allem aus finanziellen Gründen wurde die Anlage in Frage gestellt. Inzwischen ist klar: Die Tauch- und Überdruckmedizin in Halle bleibt erhalten. Mehr noch: Die Druckkammer zieht um. Anfang Juli soll die Tauchkammer aus dem Haus in der Dryanderstraße ins Universitätsklinikum in Kröllwitz umziehen. Nicht zuletzt spart das viele Wege.

Der Umzug wird eine größere Operation. Denn die Druckkammer, deren Eisenkörper tatsächlich an ein kleines U-Boot erinnert, ist acht Meter lang und wiegt 22 Tonnen. Die Röhre muss durch das geöffnete Dach aus dem Gebäude auf einen Tieflader gehoben werden. Noch schwieriger wird sicher, später das Ungetüm in den vorgesehenen Raum in einen der Neubauten des Klinikum-Ensembles an der Ernst-Grube-Straße zu bugsieren.

Breites therapeutisches Angebot

Mit dem Umzug der Druckkammer bleibt ein ungewöhnliches therapeutisches Angebot auch für die Notfallmedizin in Halle erhalten. Für Laien steht die Druckkammer meist nur mit der Therapie der Taucherkrankheit in Verbindung. Doch die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) ist eine Option, die bei vielen anderen Krankheitsbildern erfolgreich angewendet werden kann. Die Kombination aus Überdruck und reinem Sauerstoff kann als begleitende Therapie bei Diabetes-Patienten mit Wundheilproblemen Amputationen vermeiden helfen. Bei einer Kohlenmonoxid-Vergiftung, etwa bei Brandopfern oder auch Rettungskräften, ist die HBO die einzige effektive Therapie. Ein weiterer Notfall, in dem die Therapie nachweislich nützt, ist die „Gasbrand-Infektion“. Die Erreger gelangen durch kleine Wunden ins Blut und können töten.

Bei vielen weiteren Krankheitsbildern ist die Wirkung von HBO nachgewiesen oder wird in der Fachwelt diskutiert. Allerdings ist der Betrieb teuer. Auch weil die Krankenkassen längst nicht alle Therapie-Möglichkeiten erstatten. Zudem gibt es am Universitätsklinikum knapp 20 Mediziner mit einer Tauchmedizin-Ausbildung, die sich die 24-Stunden-Bereitschaft teilen. Als Fachpersonal werden Tauch-Pfleger und Techniker benötigt. (mz)