Eine Stange Glück Diese Hallenserin findet im Pole Dance ihre große Leidenschaft
Im Pole Dance hat Sandra Schlichting aus Halle ihre große Leidenschaft gefunden. Nun darf sich die Studioinhaberin auch Deutsche Meisterin nennen.
Halle (Saale)/MZ - Mit beiden Händen umschließt sie das Metall über ihrem Kopf. Das rechte Schienbein an die Stange gepresst, spannt sie ihre Armmuskeln an und zieht sich in einer flüssigen, schnellen Bewegung hoch. Es sieht kinderleicht aus. „So und jetzt du“, fordert sie mich auf. Ich versuche, den Bewegungsablauf der Trainerin genau zu imitieren, stoße mich vom Boden ab, kämpfe gegen die Schwerkraft und hieve mich irgendwie auf ihre Höhe. Es ist anstrengend. Sandra dagegen wirkt völlig entspannt. Kein Wunder, solche Übungen gehören für die frisch gebackene Deutsche Meisterin im Artistic Pole Dance zu den absoluten Grundlagen.
Immer, wenn es um die Meisterschaft geht, die am 10. und 11. Juli in Osnabrück stattgefunden hat, funkeln Sandras Augen. „Ich kann immer noch nicht richtig glauben, was da eigentlich passiert ist“, gesteht sie. Begonnen hat ihre Liebe zu dem Sport vor zehn Jahren: „Ich habe das gesehen und wusste: Ich will das unbedingt lernen. Also habe ich ein Studio gesucht – damals gab es noch sehr wenige – und mich angemeldet. Gleichzeitig hatte ich mir auch schon eine Stange für zu Hause bestellt.“ Schon nach anderthalb Jahren war sie Trainerin und eröffnete 2014 ihr Studio „Aria Arte“ in Halle.
„Du hast einen sehr guten Griff“
In der Großen Ulrichstraße 17 hat sie die passende Räumlichkeit auf zwei Ebenen gefunden. Man fühlt sich wohl in dem hellen Studio mit hohen Decken, einer Spiegelwand und lila Vorhängen vor den großen Fenstern, die ein schönes Licht erzeugen. Sandra trainiert hier mit Frauen, Männern und Kindern im Alter von fünf bis Ende 50 Jahren. „Generell ist Pole Dance für alle geeignet. Wer Kraft und Körperbewusstsein hat, ist natürlich im Vorteil, aber jeder kann es lernen. Die Grundvoraussetzung ist einfach, Lust zu haben“, erklärt die Tänzerin, nachdem sie mir eine Drehung vorgemacht hat. Mit Schwung geht es dabei um die Stange herum, die Beine in einer sitzartigen Position angewinkelt. Im besten Fall sieht man dabei elegant aus – ich bin schon froh, wenn ich eine Runde schaffe.
„Du hast einen sehr guten Griff“, lobt mich Sandra zu meiner Überraschung. Immerhin. Kraft in den Händen, Armen und Schultern ist beim Pole Dance besonders wichtig. Generell trainiert der Sport den ganzen Oberkörper. Je nachdem, wie man gerne tanzt, sind aber auch Beinmuskulatur und Beweglichkeit gefragt. Sandra erzählt mit ihren Choreografien meist Geschichten, vermischt also Tanzen mit Schauspielerei. Damit konnte sie sich auch gegen die starke Konkurrenz auf der Deutschen Meisterschaft durchsetzen.
„Heute muss ich keinem mehr erklären, was ich mache“
Neben dem Einstudieren von Choreografien gibt es im Aria Arte Studio ein großes Angebot an Kursen: „Wir haben zum Beispiel Anfängerkurse in verschiedenen Levels, Stretching, Fitness-Kurse und bieten Aerial Hoop an, also Luftakrobatik mit einem Ring. Außerdem veranstalten wir auch mal Workshops mit bekannten Pole Dancern.“
In der Szene ist die 33-Jährige gut vernetzt. Gemeinsam mit ihrem Mann bringt sie viermal jährlich das „Pole Art Magazine“ heraus, für das sie mit außergewöhnlichen Tänzern spricht. Auch im Aria Arte liegen Ausgaben aus. Vielleicht nehme ich mir nach der Stunde eine mit. Denn obwohl es mein erster Versuch ist, bekomme ich die Übungen ganz gut hin und habe Spaß. Meinen Muskelkater aber kann ich jetzt schon spüren. Pole Dance ist eben ein richtiger Sport. Aber ist das allgemein bekannt? „Heute muss ich keinem mehr erklären, was ich mache. Die meisten Leute haben schon von Pole Dance gehört. Die Internationale Pole Sports Föderation will die Sportart sogar zu Olympia bringen“, berichtet Sandra. Und wer weiß, vielleicht tritt die Meisterin aus Halle dann auch für Deutschland an.