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Die Ostsee am Stadtrand Die Ostsee am Stadtrand: Der Bäderkönig von Halle verrät sein Erfolgsrezept

Von Ralf Böhme 30.04.2015, 04:37
„Schönes Wetter beginnt im Kopf“ - das ist die Maxime von Halles Bäderkönig Mathias Nobel. Hier bringt der 36-Jährige mit Ehefrau Katja am Heidesee das Boot für die Rettungsschwimmer ins Wasser.
„Schönes Wetter beginnt im Kopf“ - das ist die Maxime von Halles Bäderkönig Mathias Nobel. Hier bringt der 36-Jährige mit Ehefrau Katja am Heidesee das Boot für die Rettungsschwimmer ins Wasser. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - Weicher Sand, wie an der Ostsee. Aber anders als am Meer ist der Strand hier sogar frisch geharkt. Obwohl gerade dunkle Regenwolken nahen, bieten Sonnenschirme als bunte Tupfer am Wasser einen schönen Anblick. Und die Musik aus der Karibik stimmt im Biergarten auf die schönste Jahreszeit ein - Urlaubsflair am Rande der Großstadt.

Bisher wagen sich aber nur wenige Gäste ins Wasser. Doch einer taucht immer ab: Hans-Peter Teßler. Für den 59-Jährigen ist im Heidebad in Halle das ganze Jahr über Saison. Und die aktuelle Wassertemperatur von zehn Grad Celsius empfindet der Eis-Bader schon als ausgesprochen lau. Im Grunde, so seine Erfahrung, sei doch alles nur eine Frage der Überwindung.

„Schönes Wetter ist vor allem eine Kopfsache“ - sagt auch Mathias Nobel, Halles erster und einziger privater Bäderbetreiber. Pünktlich zum Beginn des offiziellen Badebetriebs am 1. April haben der 36-Jährige und seine Helfer noch einmal 200 Tonnen frischen Sand am Strand des Heidebades ausgebracht. Die Korngröße liegt ihm zufolge unter 0,1 Millimeter. Damit müsse das Heidebad den Vergleich mit Rügen oder Usedom nicht mehr scheuen. „Das war mein Ziel, als ich 2006 das Heidebad übernahm - ich habe es erreicht.“ Immerhin bis zu 160 Gäste täglich, so der bisherige Schnitt im Frühjahr, danken es ihm mit ihrem Besuch.

Attraktion für Familien

Mehr als 5.000 Tonnen Sand haben Frühjahr für Frühjahr den Strand in jede Richtung wachsen lassen. Textil- und FKK-Strand verkraften jetzt bis zu 2 000 Gäste. Neben Stammgästen aus der Nachbarschaft sind es zunehmend junge Familien aus der City, die den Heidesee zum Ziel ihrer Radausflüge auswählen.

Die Voraussetzungen für den jährlich erneuerten Sonnenstrand schafft sich Nobel während der Wintermonate. „Das teils über die Jahrzehnte zugewucherte Gelände wird dabei Meter für Meter freigelegt und entrümpelt.“ Offenkundig ist: Die Sauberkeit in den Uferbereichen tut auch der Wasserqualität gut. Mittlerweile darf sich die Freizeit-Oase, gelegen zwischen Dölauer Heide und Halle-Neustadt, mit dem amtlichen Siegel für höchste Badequalität schmücken. Ein weiteres Markenzeichen: Das Heidebad ist ganzjährig geöffnet.

2015 setzt Nobel als der heimliche Bäderkönig von Halle noch mehr auf Expansion. Assistiert von Ehefrau Katja will er nach dem Heidebad und dem Pappelgrund in Teutschenthal ein drittes Projekt angehen: die Angersdorfer Teiche im Saalekreis. Seit März ist der Unternehmer auch Pächter des ehemals von der städtischen Bäder GmbH verwalteten Objektes. Eröffnung ist am 15. Mai. Und am 18. Juli steigt eine Malibu-Beach-Party.

Weitere Informationen zum Bäderkönig lesen Sie auf Seite 2.

Fünf Jahre liegen jetzt vor ihm, um aus dem 50.000 Quadratmeter großen Gelände einen Besuchermagneten zu machen. Sein Konzept: Baden, Sonnen, Sportfelder, Kegelbahn, Spielgeräte und Camping - ein Mix, der zieht, solange die Preise stimmen. Die Kalkulation, die es bringen soll: Nur 1,50 Euro kostet nun der Eintritt, die Hälfte des bisherigen Ticketpreises. Kinder bis vier Jahre dürfen gratis ins Bad. Außerdem soll auch alles, was über die Theke geht, nicht teurer als 1,50 Euro sein.

„Für einen schönen Ferientag ganz in Familie sollten zehn Euro ausreichen.“ So bekomme auch der an alte Traditionen angelehnte Name „Volksbad Angersdorf“ wieder einen Sinn. Dann könne ihm auch gelingen, glaubt er, was dort niemand in den zurückliegenden 25 Jahren geschafft hat. „Mehr als 4.000 Besucher an schönen Sommertagen, fast wie zu DDR-Zeiten.“ Schon heute aber schafft der Unternehmer das, was kommunale Betreiber nicht hinbekommen: Bäder wirtschaftlich führen. In seinem Fall sogar ohne Zuschüsse.

Neben dem Wetter entscheiden laut Nobel vor allem zwei Punkte darüber, ob die Rechnung für den Unternehmer aufgeht. Die Preise, die die Besucher zahlen müssen, und die Kosten, die man als Betreiber stemmen muss. Die Balance gelinge, wenn die Angebote stimmig und die Mitarbeiter flexibel seien. Im Pappelgrund Teutschenthal etwa, wo es viele Stammgäste hinziehe, werbe man mit preisgünstigen Saisonkarten. Und mit seinen sieben Mitarbeitern habe er eine Vereinbarung über Stundenkonten. Das bedeutet: Wenn es regnet und niemand baden will, wird abgeschlossen. Dafür bleibt das Personal an Top-Tagen einfach so lange „an Deck“, wie es erforderlich ist.

Überraschungen aus Kuba

Letzteres trifft auch für die zahlreichen Veranstaltungen zu, die Nobel mit Vereinen und anderen Partnern auf die Beine stellt. Aus gutem Grund: „Wasser und Luft reichen nicht zum Überleben.“ Man müsse auf die Leute zugehen. Das könne bis zum Public Viewing bei aufregenden Sportereignissen reichen. Bereits legendär sind die Griechische Nacht (4. Juli) und die Karibische Nacht (1. August) im Heidebad. Zu ihnen pilgern bis zu 3 500 Gäste, um bei freiem Eintritt illustre Stargäste auf der Bühne am See zu erleben. Doch auch Theaterauftritte mit Hilmar Eichhorn und Reinhard Straube oder eine Kunstausstellung stehen im Programm.

Bis es so weit ist, kann Mathias Nobel auf Stammgäste wie Hans-Peter Teßler setzen. Darüber, wie es den Elektromonteur aus dem benachbarten Nietleben ins Wasser zieht, können andere Heidebad-Besucher nur staunen. Ihm falle das Schwimmen leicht, weil er es gewöhnt sei und ihn das Training abhärtet habe. Als langjähriger Saaleschwimmer dreht Teßler fast jeden Tag seine Runden im Heidesee - jetzt meist noch mit wärmender Pudelmütze auf dem Kopf. Zur Karibischen Nacht Anfang August dürfte jedoch auch die im Kleiderschrank verschwunden sein. (mz)