Weltweit größtes Pflanzenregister Datenbank zur Vegetation der Erde: Wie ein Professor aus Halle den Klimawandel besser vorhersagen will

Halle (Saale) - Helge Bruelheide kniet neben Dutzenden Kakteen in einem Gewächshaus des Botanischen Gartens. Er schaut sich um und mustert die stacheligen Pflanzen. „Man könnte fast meinen, dass wir in Mexiko sind“, sagt der Professor vom Institut für Geobotanik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Bruelheide weiß ganz genau, wo auf der Erde welche Pflanzen wachsen, warum sie das tun und welche Pflanzen sich in deren Nachbarschaft ansiedeln.
Für über 1,1 Millionen Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme auf dem gesamten Festland der Erde kann er Aussagen treffen - eine schier gigantische Datenmenge. Diese hat der 56-jährige Professor zusammen mit einem internationalen Forscherteam zusammengetragen. Die Leitung darüber hatte die MLU und das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversität (iDiv) Halle-Jena-Leipzig inne.
Unglaublich große Pflanzen-Datenbank hätte wohl auch Alexander von Humboldt erfreut
Mit dieser Datenbank, die die Wissenschaftler „sPlot“ nennen, ist es erstmals möglich, einen Überblick darüber zu bekommen, wie Pflanzen weltweit zusammenleben. „Alexander von Humboldt hätte sich sehr über diese Datenbank gefreut“, ist sich Helge Bruelheide sicher.
Die Idee entstand 2013 während eines Workshops in Leipzig. Seitdem sammelte der hallesche Professor Daten und bereitete diese auf - unter anderem kamen auch Daten aus der institutseigenen Bibliothek zum Tragen. 176 Forscherinnen und Forscher haben sich mit ihrem Wissen bislang an der Datenbank beteiligt. Aber es fehlen auch noch Länder. Indien zum Beispiel. „Schwierig war es zum Beispiel auch, Daten von Kuba zu bekommen“, erklärt Bruelheide, der auch Co-Direktor des iDiv ist.
Datenbank könnte auch helfen, Folgen des Klimawandels besser vorherzusagen
Diesen riesengroßen gesammelten Datensatz kombinierte die Forschergruppe mit der „TRY“-Datenbank, der weltweit größten Datenbank für Pflanzenmerkmale, ebenfalls eine Datenbank-Plattform des iDiv. „Dadurch können wir Fragen klären, die bislang noch niemand stellen konnte“, so Bruelheide. Die Datenbank könnte so zum Beispiel dabei helfen, die Folgen des globalen Klimawandels besser vorherzusagen.
Alle Pflanzen, ob kleine Gräser oder Bäume, haben die gleichen Herausforderungen zu bewältigen. „Zum Beispiel müssen sie einen effizienten Weg finden, Photosynthese zu betreiben, um sich mit Energie zu versorgen. Gleichzeitig kämpfen sie mit ihren Nachbarpflanzen um Wasser oder Nährstoffe aus dem Boden“, erklärt Professor Bruelheide.
Studienergebnisse haben auch die Forscher selbst überrascht
Rund 390.000 Pflanzenarten sind heute bekannt. Jede Art habe im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Eigenschaften entwickelt, um auf die jeweiligen äußeren Bedingungen vor Ort zu reagieren. Dazu gehört auch die Größe einer Pflanze oder die Dicke ihrer Blätter. Diese Eigenschaften werden als funktionelle Pflanzenmerkmale bezeichnet.
Das Forscherteam wollte zum Beispiel wissen, ob es globale Faktoren gibt, die die funktionellen Merkmale von Pflanzengemeinschaften beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass die Temperatur und der Niederschlag entgegen der gängigen Meinung einen geringen Einfluss haben. Die lokalen Nutzungsbedingungen durch den Menschen oder die Interaktionen verschiedener Pflanzen an einem Ort hätten dagegen einen deutlich größeren Einfluss, so ein weiteres Ergebnis der Studie.
Die Datenbank beinhaltet zwar schon sehr viele Informationen, sie wird von den Forschern derzeit aber weiter gefüttert. „Wir sind gerade dabei, die neue Version vorzubereiten. Diese beinhaltet dann mehr als 1,5 Millionen Pflanzenartenlisten“, so Helge Bruelheide. (mz)