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Gefälschter Drogen-Hinweis am Cantor-Gymnasium Cantor-Gymnasium in Halle nach gefälschter Warnung vor Drogen-Dealern in Sorge

Von Peter Godazgar 03.05.2016, 06:00
Tatort Schulhof? Am Cantor-Gymnasium sorgen die Drogenwarnungen für Sorge bei Eltern und Schülern.
Tatort Schulhof? Am Cantor-Gymnasium sorgen die Drogenwarnungen für Sorge bei Eltern und Schülern. Meinicke

Halle (Saale) - Gleich vier Ausrufezeichen unterstreichen die - vermeintliche - Dringlichkeit. „!!Achtung!! Schützt unsere Schüler“, schreit es dem Leser entgegen. Es folgt die Warnung vor einer „neuen Droge“, die in harmlosen Brausepulver-Verpackungen angeboten wird. Und folglich auch so aussehe, wie Brausepulver. Doch statt Brausepulver enthalte das Päckchen nichts Geringeres als Crystal Meth - und zwar „mit verschiedenen Geschmacksrichtungen (Erdbeere, Wassermelone etc.)“.

Crystal Meth - da läuten die Alarmglocken. Und sie läuten zu Recht. Denn diese synthetisch hergestellte Droge macht sehr schnell süchtig und hat extreme Nebenwirkungen.

Die Warnung vor dem falschen Brausepulver kursiert derzeit am halleschen Georg-Cantor-Gymnasium - und führt naturgemäß zu Unsicherheit. Bei Schülern und bei Eltern. „Wir haben unsere Schüler über die Gefahren noch einmal belehrt“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Claudia Schapitz.

Was aber ist dran an der Sache?

Offenbar rein gar nichts. „Der Polizei in Halle sind aktuell keine Fälle bekannt, in denen die Droge Crystal Meth ,getarnt’ angeboten oder verkauft wurde“, sagt Polizeisprecherin Anja Koppsieker auf MZ-Nachfrage. Üblicherweise werde Meth in Aluminiumfolie oder in kleinen durchsichtigen Klemmtütchen aufbewahrt. Im Übrigen sei es „auch eher untypisch, dass die doch recht teure Droge als Brausepulver getarnt verschenkt wird“.

"Warnung" kursiert seit Jahren im Netz

Tatsächlich kursiert die „Warnung“ bereits seit einigen Jahren im Internet. Der gemeinnützige Verein Mimikama hat sich seit 2011 dem Kampf gegen falsche, im Internet verbreitete Gerüchte verschrieben. Bereits ein Jahr später, im Jahr 2012, berichtete er erstmals über eine Droge mit Namen „Strawberry Quick“, die in Deutschland aufgetaucht sei.

Entlarvend: Bereits damals wurde dieselbe Abbildung der angeblichen Brausepulver-Päckchen verwendet wie nun in Halle. Auch der angebliche Elternbrief, der durch die Klassen-Chats geistert und digital herumgereicht wird, dürfte kaum echt sein, findet sich auf ihm doch weder ein Absender noch ein Datum, weder ein Stempel noch ein Schulname - kurz: nichts, das sich in irgendeiner Weise verifizieren lässt.

Hinzu kommen diverse Rechtschreibfehler: So wird sogar die Droge Crystal falsch geschrieben („Cristal“). Tatsächlich gibt es die Warnung vor „Strawberry Quick“ in den USA schon seit dem Jahr 2007.

Keine Fälle bekannt

Auch die Fachstellen für Suchtprävention in Sachsen sprechen von „Falschmeldungen“. „Bei aller Vorsicht, die man in Bezug auf die Abgabe von Drogen haben sollte, ist festzustellen, dass diese Meldungen nicht der Wahrheit entsprechen“, heißt es. Und weiter: „Es gibt keinerlei bekannte Fälle, bei denen Kindern Crystal in dieser Form, getarnt als Brausepulver, angeboten wurde.

Am Cantor-Gymnasium, wo eine Kopie des Warnzettels auch im Lehrerzimmer hängt, nahm man den Fall dennoch zum Anlass, mit den Schülern über die Gefahr getarnter Drogen zu sprechen. „Besser einmal zu oft als einmal zu wenig“, sagt Claudia Schapitz.

Die Gerüchte sprießen derweil munter weiter: Aktuelles Beispiel von der Mimikama-Seite: Mit Säure versetzte Pfützen stellen eine große Gefahr für Hunde dar. (mz)

„Schützt unsere Schüler“? Die Drogenwarnung ist gefälscht.
„Schützt unsere Schüler“? Die Drogenwarnung ist gefälscht.
Godazgar