Der Esel, der auf Rosen geht Der Wanderleiter aus Halle – Ehrenamtlicher organisiert Streifzüge in die Natur
Seit vielen Jahren plant Wolfgang Theiß Ausflüge für den Wanderbund Saaletal Weißenfels. Für sein Engagement ist er nun für den Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert worden.
Halle (Saale)/MZ - Wolfgang Theiß sitzt im Wintergarten seines Hauses in Halle, auf dem Holztisch vor ihm hat er mehrere Landkarten ausgebreitet. Am nächsten Tag wollen er und seine Frau eine Wanderung unternehmen; zu den Schnarcherklippen soll es gehen, einer Formation von Granitfelsen im Harz. Beim Planen der Route ist der 78-Jährige in seinem Element: Während schmelzender Schnee vom Dach auf den Wintergarten tropft, faltet er die Hände und von den Augenwinkeln aus spannt sich ein Netz feiner Lachfalten über sein Gesicht, als er sagt: „Man muss mit Freude wandern.“
Seine Freude am Wandern behält Wolfgang Theiß nicht für sich. Seit mittlerweile vielen Jahren ist er als ehrenamtlicher Wanderleiter tätig. Für den Wanderbund Saaletal Weißenfels recherchiert er Strecken, sichtet Karten und Höhenprofile, organisiert Busse und Unterkünfte. „Wir wandern jeden Samstag“, sagt er, „und Radfahren tun wir jeden Donnerstag, von März bis Ende November“. In diesem Jahr ging die Saison sogar schon Mitte Februar los: „Weil die Winterlinge in Ostrau schon geblüht haben“, sagt Theiß, „da sind wir natürlich mit dem Fahrrad hingefahren.“
Seit mehr als 20 Jahren ist Theiß beim Wanderbund Saaletal Weißenfels aktiv
Für sein Engagement ist der Wanderleiter nun für den Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert worden. „Die Mitglieder und auch die Gästewanderer sind sehr dankbar für die umfangreiche ehrenamtliche Arbeit, denn es ist hervorragend, in einer tollen Gemeinschaft in der Natur unterwegs zu sein“, schreibt die Wanderin, die Theiß nominiert hat.
2001 sei er erstmals beim Wanderbund mitgelaufen, erinnert sich dieser. In die Rolle des Leiters wuchs er dann später hinein, als eine Kollegin verstarb, die sich bis dahin um die Touren gekümmert hatte. Unter den Mitgliedern seien viele Alleinstehende, denen das Wandern in der Gruppe Geselligkeit biete: „Man ist unter Gleichgesinnten“, sagt Theiß. Gemeinsam könne man die Natur genießen, sich bewegen und etwas für die Gesundheit tun. Kurz hält er inne. „Und das ist keine Floskel“, sagt er dann.
Mit Orientierung im Gelände sind wir groß geworden. Wenn man Wanderungen plant, kommt einem das natürlich zu Gute. Man kann Karten lesen, man weiß, was die Symbole auf der Karte bedeuten.
Wolfgang Theiß, ehrenamtlicher Wanderleiter
Wie man sich in der Natur zurechtfindet, hat der Ehrenamtliche zu DDR-Zeiten während seiner Ausbildung an einer Militärakademie gelernt. „Mit Orientierung im Gelände sind wir groß geworden“, sagt der ehemalige NVA-Offizier. „Wenn man Wanderungen plant, kommt einem das natürlich zu Gute. Man kann Karten lesen, man weiß, was die Symbole auf der Karte bedeuten.“
Als er später von den Veränderungen in der Landschaft erzählt, die er im Laufe der Jahre beobachtet hat, verschwindet für einen Moment das schelmische Schmunzeln, mit dem er bislang viele seiner Sätze beendet hat. „Als wir im Harz waren und diese kahlen Flächen gesehen haben, das war... das war nicht mehr der Harz“, sagt er. „Das war vollkommen fremdes Gelände geworden.“
Trotz aller Veränderungen: Die Freude am Wandern ist geblieben
Bei dem Thema wird der sonst so besonnene Mann plötzlich unruhig, gestikuliert viel mit seinen Händen, während er weiterredet. „Man müsste viel intensiver Maßnahmen für den Klimaschutz ergreifen“, sagt Theiß. Dazu seien jedoch strengere Gesetze erforderlich. So ließen sich größere Erfolge erzielen, als wenn man auf das Prinzip der Freiwilligkeit setze, ist er überzeugt.
Die Freude am Wandern, sie ist trotz allem noch da. „Man freut sich über jeden Vogel, den man in der Natur sieht“, sagt er. „Oder in Ostrau, die Winterlingsblüte: Da fährt man hin, da freut man sich“ – Theiß’ Stimme ist auf einmal lauter und klingt kräftiger als zuvor – „über diese Pracht“, ruft er, „auf riesengroßer Fläche!“
Das ist der „Esel“ – und so machen Sie mit
- Der Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ wird seit 2003 an engagierte Menschen und Initiativen aus Halle und dem Saalekreis verliehen. In diesem Jahr werden sechs Eselskulpturen aus Bronze vergeben: Drei Bürgerpreise, der Preis der Initiatoren und der Preis der Jury. Neu ist der Publikumspreis, für den online gevotet werden kann.
- Die Wahl startet nach dem 25. Mai, wenn die Jury die zehn Teilnehmer an dem Voting bestimmt hat. Auch die Bürgerpreise werden durch die Jury vergeben. Wenn Sie, liebe Leser, engagierte Bürger, Vereine oder Initiativen kennen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, dann können sie diese Personen oder Gruppen vorschlagen. Dazu müssen Sie online ein Formular auf der Internetseite des Ehrenamtspreises ausfüllen. Im oberen Feld der Seite findet sich dazu ein extra Button. Sie bekommen danach eine Mail als Bestätigung. Die Nominierungsphase läuft bereits und endet am 6. Mai.
- Informationen: Die MZ wird multimedial die 19. Auflage des „Esels, der auf Rosen geht“ begleiten. Dazu gehören Porträts der Kandidaten, Blicke hinter Kulissen sowie Audio- und Videobeiträge. Gebündelt werden alle Infos auf der