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Boxschule ist bald Geschichte

Von Heidi Pohle 06.08.2007, 15:50

Halle/MZ. - 21. August rückt der Abriss-Bagger an. Börner kennt dort jeden Zentimeter. "41 Jahre war das Haus mein Leben", sagt er mit Wehmut und lässt den Blick durch den großen Raum mit den verspiegelten Säulen schweifen, in dem der Boxring stand. "Aber das ist alles Geschichte", winkt der 61-Jährige ab und beginnt zu erzählen.

In dem rund 100 Jahre alten Haus, gebaut von Möbelfabrikant Grunwald, eröffnete der SC Wissenschaft Halle 1950 eine Boxschule, die der SC Chemie Halle übernahm. "1960 begann ich in dieser Hochburg des Boxsports mit dem Training, hörte von Legenden wie Rolf Caroli, dem fünfmaligen DDR-Meister im Halbmittelgewicht, und von Studentenweltmeister Uli Nitzschke." Auch Erhard Schumann, Lothar Müller, Bernhard Schröter, Lutz Hillmann, Helmut Heise, Manfred Jüttner und Rudi Schäfer trainierten dort, später Ottomar Sachse und Hans-Joachim Brauske. Trainer waren Manfred Gath, Willi Franke sowie Willi Kriese. Als der die Boxer des SC Chemie eine neue Trainingsstätte erst in Neustadt und dann im Kreuzvorwerk bekamen, zog die BSG Lok Halle in das Haus in der Innenstadtgasse ein, und Börner wurde mit Anfang 20 Trainer im Nachwuchsbereich.

"Das waren schöne Jahre", schwärmt der Mann, der Hunderten Kindern und Jugendlichen das Boxen beibrachte, darunter acht DDR-Meistern. Heute ist er Koordinator beim Stadtsportbund und Präsident des Landesamateurbox-Verbandes Sachsen-Anhalt, organisiert jedes Jahr den Chemiepokal.

1989 sollten mehrere Häuser der Mittelstraße, auch die Boxschule, abgerissen werden. "Die Bagger standen schon an der Ecke", erinnert sich Börner. Die Wende verhinderte dies, so dass er 1991 mit Freunden das Haus von der Stadt kaufte, es aufwendig sanierte und das Fitness-Studio "Runde Eins" eröffnete. Durch einen Verfahrensfehler wurde 1994 eine hohe Nachzahlung fällig, zudem wuchs die Konkurrenz immer mehr, so dass das Studio 2001 schließen musste.

Seit der Zwangsversteigerung im Jahr 2006 steht das Haus leer. "Ein Boxschüler von mir hat es ersteigert und will an dieser Stelle ein Wohnhaus bauen", erzählt Peter Börner, unter dessen Studio-Dach nach der Wende unter anderem Box-Weltmeister Dariusz Michalczewski eine Woche trainierte. Wenn der Abriss-Bagger kommt, will Börner nochmal Fotos machen, die letzten von dem Haus in der Mittelstraße. Denn dann ist wirklich alles nur noch Geschichte.