Gedenken vor Dönerimbiss Anschlag in Halle Saale: Trauer um Todesopfer
Halle (Saale) - Nach dem Anschlägen auf eine Synagoge und einen Dönerladen in Halle trauern die Hallenser. Vor dem Imbiss haben Anwohner Kerzen und persönliche Nachrichten niedergelegt. Halles Kultur- und Bildungseinrichtungen äußern ihre Trauer mit offiziellen Statements und zeigen sich betroffen über die gewaltsame Tat.
Schweigeweg von Synagoge zum Dönerladen
Mit einem schweigendem Marsch von der Pauluskirche über die Synagoge kommen immer mehr Menschen am Dönerimbiss an. Sie stellen sich in einem großen Halbkreis um den Laden auf, vor dessen Eingang unzählige Blumen und Lichter liegen. Immer noch singen die Menschen leise Friedenslieder.
Die Straßenbahnlinie 12 ist auf der Ludwig-Wucherer-Straße momentan wegen der vielen gedenkenden Menschen unterbrochen. In beide Richtungen ist hier kein Durchkommen mehr.
Noch immer laufen hunderte Menschen in stillem Gedenken durch das Paulusviertel, an den Orten vorbei, an denen sich gestern der Amoklauf ereignet hat.
Menschen singen vor Synagoge jüdisches Abschiedslied
Die Andacht ist vorbei, die Menschen strömen aus der Kirche. Hunderte machen sich jetzt auf den Weg in Richtung Synagoge. Viele halten dabei brennende Kerzen in den Händen.
Vor der Synagoge herrscht eine andächtige Stimmung. Die Menschen haben das traditionelle israelische Friedenslied „Shalom Chaverim“ angestimmt.
Viele Hallenser Gedenken der Opfer des Anschlags in der Pauluskirche
Es sind viele Menschen in die Pauluskirche gekommen, dass Dutzende vor dem Eingangsportal im Freien stehen, weil drinnen kein Platz mehr ist. Das Gotteshaus ist bis auf den letzten Platz besetzt und noch immer strömen die Menschen die Eingangsstufen empor. In wenigen Augenblicken beginnt die Andacht.
Als in der Pauluskirche das Vaterunser gebetet wird, stehen hunderte Menschen in der Kirche auf und fassen sich an den Händen.
Hunderte Hallenser trauern gemeinsamen auf dem Marktplatz
Inzwischen haben sich etwa einhundert Menschen auf dem Marktplatz versammelt. Binnen weniger Minuten sind hunderte Hallenser zur Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz zusammengekommen. Viele stehen schweigend um die Blumen und Kerzen. Einige Menschen haben Tränen in den Augen.
„Es hätte jeden von uns treffen können“, sagt die 30-jährige Hallenserin Nicole Fünfkirchler. Sie ist am Nachmittag auf den Marktplatz gekommen, um eine Kerze anzuzünden und ihre Anteilnahme zu zeigen. Die beiden 16-jährigen HFC-Nachwuchsspieler Yannik und Julia sind ebenfalls tief betroffen:
„Halle ist meine Stadt, deshalb bin ich hierher gekommen“, sagt Yannik. „Es gehört sich einfach, jetzt da zu sein“, fügt Julia hinzu.
Mittlerweile sind auch OB Wiegand, Sachsen-Anhalts Innenminisert Holger Stahlknecht sowie MP Reiner Haselof eingetroffen. Das aktuelle Stadtoberhaupt wendet sich mit einer Ansprache an die vielen Menschen, die sich im Stadtzentrum versammelt haben.
„Jüdisches Leben gehört zur Stadt Halle“. „Wir wollen eine offene, bunte Stadtgesellschaft", sagt Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) entschlossen.
Anwohner der Humboldtstraße hängen Plakat gegen Hass
Die Anwohner in der Humboldstraße haben auf die Anschläge in ihrer Straße reagiert und ein Plakat gegen Antisemitismus und Hass aufgehangen. „Wir wollen ein Zeichen gegen das Anliegen des Täters setzen", sagte der 32-jährige Benjamin Leins einem dpa-Reporter. Damit wollen sie das friedliche Zusammenleben, das in Halle praktiziert wird, unterstützen.
Universität Halle zeigt sich über Anschlag in Halle betroffen
Die Franckeschen Stiftungen zeigt sich entsetzt „über diesen Ausbruch von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Wir sehen den Angriff auf die jüdische Gemeinde und später auf den Döner-Imbiss in Halle als einen Angriff auf die Grundfesten unserer Gesellschaft“, so Friederike Lippold, Sprecherin der Franckeschen Stiftungen. Weiterhin schildert die Stiftung, dass sie mit den Angehörigen der Opfer trauere und mitfühle.
Auch die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) bekundet in einem Schreiben ihr Mitgefühl gegenüber den Angehörigen der Opfer und Verletzten. Wie der Rektor Christian Tietje erklärte, sind die Universitätsmitarbeiter „bestürzt und in tiefer Trauer ob der schrecklichen Ereignisse des gestrigen Tages. Als Universität stehen wir für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz“, so Tietje. Ferner ruft die Bildungseinrichtung alle Mitglieder und Angehörige der Universität dazu auf, um 15 Uhr für eine Minute innezuhalten und der Opfer zu gedenken.
Um ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit zu zeigen, wird laut dem Rektor die Immatrikulationsfeier, die am Freitag die neuen Studenten an der halleschen Universität willkommen heißen will, wie geplante stattfinden.
HFC trauert um Fan
Bei dem in einem Imbiss in der Ludwig-Wucherer-Straße erschossenen Mann soll es sich um einen 20 Jahre alten Anhänger des Vereins aus Merseburg handeln. "Er war Teil der HFC-Familie", hieß es in einem am späten Mittwochabend veröffentlichten Post auf der Facebookseite der "HFC-FANKURVE".
Auch der hallesche FC selbst ist nach dem Anschlag auf eine Synagoge in der Stadt in tiefer Trauer.
Der Verein ist auch direkt betroffen, weil ein Mitglied von uns unter den Toten ist, sagte HFC-Präsident Jens Rauschenbach.
Das erklärte er am Donnerstag vor einem nicht öffentlichen Testspiel des Fußball-Drittligisten beim sächsischen Zweitligisten FC Erzgebirge Aue. „Wir stehen alle noch unter Schock“, sagte Rauschenbach weiter.
In der Partie gegen Aue traten die HFC-Spieler mit Trauerflor an, sie wollen ihn auch im Landespokalspiel am Samstag bei der SG Rot-Weiß Talheim tragen. „Das ist auch ein Anschlag auf das gesamte Leben in der Stadt“, erklärt Rauschenbach. Er war nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Taten im Stadion des HFC zu Vertragsverhandlungen gewesen.
Ratshof hängt Flaggen auf halbmast
Nach den Anschlägen in Halle wird auch im Ratshof offiziell um die Opfer und Verletzten getrauert. Die Fahnen vor dem Gebäude wurden daher auf halbmast gehängt.
Hallenser Trauern: Blumen und Kerzen auf dem Markt und vor der Synagoge
Einige Meter davon entfernt sind die Markierungen der Polizei auf der Straße, dort, wo die Patronenhülsen gelegen haben. Ein Polizeiwagen bewacht das Geschäft, das mit Flatterband abgesperrt ist. In der Scheibe befindet sich ein breites Einschussloch.
Am Vorabend hatten sich auf dem Markt Hunderte Menschen versammelt und der Toten gedacht. Viele Menschen legten Blumen und Kerzen nieder. Auch in anderen deutschen Städten versammelten sich Menschen in der Nähe von Synagogen und gedachten der Opfer. (mz)