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Alles begann am Küchentisch

Von HEIDI POHLE 22.11.2009, 17:39

HALLE/MZ. - prächtigen Bürgerhäuser war noch intakt, überall regnete es durch, bröckelte der Putz, waren Fenster undicht. "Wir wollten etwas tun für unser Viertel, trotz Angst vor Repressalien", erzählte Rita Junghahn fast auf den Tag genau 20 Jahre später.

Nicht nur sie, auch viele andere, die sich damals ebenfalls gegen den drohenden Verfall des problemreichen Stadtteils wehrten und Ideen für die Rettung und Mitverantwortung entwickelten, feierten am Samstag den 20. Geburtstag der Bürgerinitiative Paulusviertel in der Aula der Dürer-Schule.

Wenn auch nicht alle kühnen Vorstellungen von basisdemokratischer Mitverantwortung für ein Wohngebiet zu verwirklichen gewesen seien und so manche Hürde überwunden werden musste, so habe die Bürgerinitiative doch eine ganze Menge erreicht, sagte die Vorsitzende Hanna Haupt, die zu Kaffee und Kuchen eingeladen hatte.

Bei lockeren Gesprächen wurden natürlich viele Erinnerungen wach. Zum Beispiel an die Menschenkette rings um das Viertel, an der sich Tausende beteiligten. Damals habe auf einem Betttuch, das vor dem Diesterweghaus hing, gestanden "Laßt der Kirche das Dorf - Paulusviertel muß überleben mit uns", erzählte Hanna Haupt, die zu jener Zeit mit ihrer Familie gerade von Thüringen nach Halle gezogen war. Das Spruchband gibt es noch immer; am Samstag kam es über der Aula-Bühne erneut zu Ehren.

Schon legendär ist auch die rund 400 Meter lange Kaffee-Tafel, mit der im Mai 1990 der Auftakt für die Bürgerfeste rund um die Pauluskirche gegeben wurde. Ein Zentner der braunen Bohnen, den die damals noch existierende Kaffeefabrik kostenlos abgab, kam da gerade recht. Die Sorge der Gründer-Generation, keine Nachfolger zu finden, bestehe, wie Hanna Haupt sagte, nicht mehr. Es werde also auch im nächsten Jahr ein Bürgerfest geben, das wie die 20 vorhergehenden wieder im Mai gefeiert wird.

Längst ist das Paulusviertel eines der beliebtesten Wohngebiete Halles, in dem viele junge Familien zu Hause sind. Der Soziologie-Professor Heinz Sahner bezog in seinen Fest-Vortrag über "20 Jahre Mauerfall" denn auch diese Veränderungen mit ein. Rita Junghahn jedenfalls, mittlerweile Ehrenmitglied der Initiative, ist stolz, dass seit dem Jahr 1989 so viel erreicht worden ist.