1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Abkupfern erlaubt: Abkupfern erlaubt: Herbert Bauer aus Halle pflegt ein seltenes Handwerk

Abkupfern erlaubt Abkupfern erlaubt: Herbert Bauer aus Halle pflegt ein seltenes Handwerk

Von Daniela Kainz 05.01.2019, 11:00
Herbert Bauer poliert ein Gefäß für Bowle auf Hochglanz. Es stammt aus der Jugendstil-Zeit.
Herbert Bauer poliert ein Gefäß für Bowle auf Hochglanz. Es stammt aus der Jugendstil-Zeit. Steffen Schellhorn

Halle (Saale) - Eine Reise in die Vergangenheit? Für Herbert Bauer ist dieser Traum kein Ding der Unmöglichkeit. Er muss nur die Tür zur Werkstatt hinter seinem Haus am halleschen Stadtrand öffnen, schon ist er von Dingen umgeben, deren Ursprung zumeist weit zurückreicht.

Gäste bleiben überwältigt stehen und staunen, wenn sie das Refugium des 59-Jährigen betreten: Wohin zuerst schauen? Ein Feuer knistert im kleinen Kamin und strahlt wohlige Wärme aus. Auf der kleinen Ofenplatte kocht Teewasser. Musik von Wagner erfüllt den Raum.

Kupferschmied aus Halle: Von den Decken hängen Kessel, Töpfe, Krüge, Vasen und Pfannen

Von den Decken hängen Kessel, Töpfe, Krüge, Vasen und Pfannen in verschiedenen Größen und Formen. An den Wänden, auf Regalen und in Glasvitrinen bewahrt Bauer Backformen, Teller und Trinkbecher auf.

Im gedämpften Licht der Schmiede kommen die Gegenstände besonders wirkungsvoll zur Geltung. Was sie verbindet, ist das Material, aus dem sie gefertigt sind. Allesamt bestehen aus Kupfer und wurden von Bauer kunstvoll gefertigt.

Der Mann aus Bayreuth, der seit mehreren Jahren in der Saalestadt zu Hause ist, versteht sein Handwerk. Das hat sich bis ins Mansfelder Land herumgesprochen. Der Kupferschmied unterstützt regelmäßig die Bemühungen des Fördervereins Schmid-Schacht Helbra, Kindern die Geschichte des inzwischen längst eingestellten Kupferschieferbergbaus in ihrer Heimat über seinen besonderen Werkstoff näher zu bringen.

Kupferschmied aus Halle: „Die Kinder arbeiten immer wie verrückt“

„Die Kinder arbeiten immer wie verrückt“, sagt er über die Begeisterung, mit der die Mädchen und Jungen bei der Sache sind. Sie freuen sich über selbst gefertigte kleine Teller mit Muster, Kettenanhänger oder Broschen. Sie wachsen bei der Arbeit über sich hinaus. „Manche Kinder wissen anfangs nicht einmal, wie ein Hammer richtig gehalten wird“, hat Bauer beobachtet. Er zeigt ihnen, wie es funktioniert.

Bauer kam als Kind über seinen Onkel - selbst ein versierter Kupferschmied - mit dem alten Handwerk erstmals in Berührung. „Ich ging in den Osterferien in die Schmiede. Und mir gefiel diese Arbeit.“ Eine Vase war sein Erstlingswerk. Viele weitere sollten folgen.

Kupferschmied aus Halle: Neue Dinge nach alter Technik

Die unbegrenzten Möglichkeiten und die Vielfalt der Gegenstände, die ein Kupferschmied herstellen kann, ziehen Bauer in den Bann: Er könne neue Dinge nach alter Technik anfertigen, alte Originale aufarbeiten oder aus alten Kupferresten Neues entstehen lassen. In seinem Metier habe man es noch mit echter Handarbeit und nicht mit Ersatzteiltechnik zu tun, betont er. Jedes Stück sei ein Unikat.

Auffällig sind zahlreiche Gullydeckel, die Bauer in seiner Werkstatt aufbewahrt. Sie hat er den historischen Originalen entlang des Lutherweges nachempfunden. Eines Tages sollen die Deckel Teil einer Ausstellung sein.

Bauers Fertigkeiten sind gefragt. Kurz vor Eröffnung des Wittenberger Weihnachtsmarktes erreichte ihn ein Hilferuf aus der Lutherstadt. Für einen Stand, an dem Feuerzangenbowle ausgeschenkt werden sollte, fehlten die entsprechenden Utensilien. In einer Hauruck-Aktion fertigte er das dringend benötigte Zubehör an und lieferte pünktlich.

Kupferschmied aus Halle: Auffallende Wikingermesser oder schlichte Gemüsemesser

Gern lässt sich Bauer bei seiner Arbeit auf die Finger schauen. Er fährt auf Märkte und präsentiert dort seine Handwerkskunst. In Workshops können neugierig gewordene Zeitgenossen zum Beispiel ihre eigenen Messer schmieden - seien es nun auffallende Wikingermesser oder schlichte Gemüsemesser.

Bauer interessiert sich auch für das, was außerhalb seiner Werkstatt geschieht. Dem Künstler Thomas Doneis greift er bei seinem aktuellen Projekt hilfreich unter die Arme. Der Braunschweiger möchte das Schloss Neuschwanstein aus einem 21 Tonnen schweren Sandstein als Skulptur herausarbeiten. Zum 150. Jahrestag der Grundsteinlegung des Märchenschlosses im nächsten Jahr soll die Arbeit auf einer internationalen Auktion zugunsten sozialer Projekte versteigert werden. Bauer steuert das Kupferdach bei. (mz)

Jedes Stück ein Unikat: Kein Gefäß gleicht dem anderen.
Jedes Stück ein Unikat: Kein Gefäß gleicht dem anderen.
Steffen Schellhorn 
Ein Jesuskreuz als Anhänger
Ein Jesuskreuz als Anhänger
Steffen Schellhorn