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MZ-Rätselfoto MZ-Rätselfoto: Kaufhaus in Eisleben: Das Schicksal der Goldsteins

Von Jenifer Hochhaus 04.06.2018, 15:25
Das Kaufhaus der Goldsteins
Das Kaufhaus der Goldsteins Archiv Heimatstube/Lutz Hiller

Eisleben - An ein Stück jüdische Geschichte und zugleich an ein dunkles Kapitel der deutschen Historie erinnert das Rätselfoto der vergangenen Woche. Denn anhand des Gebäudes, das viele Leser richtig als das ehemalige Kaufhaus in der Sangerhäuser Straße in Eisleben erkannt haben, lässt sich das Schicksal einer Familie erzählen. Und vor allem lässt sich berichten, wie die Nationalsozialisten das Leben dieser Menschen beeinflusst haben.

Doch beginnen wir von vorn: Wie zahlreiche Leser herausgefunden haben, befand sich zu Ende des 19. Jahrhunderts an der Stelle ein Wohnhaus. Dieses, beschreibt Helga Meyer, habe allerdings 1899 abgerissen werden müssen, weil es durch die Erdsenkungen, die durch den Kupferschieferbau entstanden sind, zahlreiche Schäden aufwies. „Die Brüder Benno und Hermann Goldstein erwarben den Bauplatz in der Sangerhäuser Straße 1 für den Neubau eines großen Warenhauses in Eisleben“, schreibt Helga Meyer.

Bau des Kaufhauses wurde 1900 begonnen

Anfang 1900 sei mit dem Bau begonnen worden, im Sommer wurde bereits das Richtfest gefeiert. „Die Fassade an der Straße hatte eine Länge von 22,25 Metern und nach hinten 23 Meter; das Gebäude war 13 Meter hoch, am Gebäude befanden sich viele Ornamente“, beschreibt sie das Haus.

Auch andere Leser halten fest, wie imposant das Kaufhaus war. „Es war das schönste Gebäude von Eisleben“, schreibt zum Beispiel Vera Thieme. Und Heike Gottschalk bemerkt: „Prachtvoll war die Vorderansicht anzusehen.“ Für Beate Kulpe war vor allem der Turm eine Augenweide.

Eröffnet wurde dieses schöne Haus am 1. Dezember 1900, wie Helga Meyer weiter ausführt. Zuvor sei die Bevölkerung bereits zu einer Besichtigung eingeladen worden. Wie Ernst-Peter Schelm ergänzt, gab es eine Besonderheit in diesem Kaufhaus: „Der Verkauf erfolgte in der Stadt Eisleben erstmals zu kalkulierten Festpreisen, denn bisher wurden in den kleineren jüdischen Geschäften die Kaufpreise immer durch feilschen festgelegt“, zitiert er aus einer Broschüre von Rolf Enke, die sich mit der Familie Goldstein beschäftigt.

Goldsteins können Haus nach Machtergreifung Hitlers nicht halten

Darin ist auch festgehalten, wie das Haus in den folgenden Jahrzehnten umgebaut und dem Zeitgeschmack angepasst wurde. So wurden in den 20er Jahren zahlreiche Sandsteinwände und -ornamente entfernt, neue große Schaufenster eingebaut und der Eingangsbereich verlegt.

Doch die Goldsteins konnten das Haus schließlich nicht halten, nach der Machtergreifung Hitlers wurde die Lage für die jüdische Familie nach und nach schlimmer. Benno Goldstein, so hält es Ernst-Peter Schelm in seiner Zuschrift fest, wollte seit 1933 das Haus verkaufen und Deutschland verlassen. Doch die Verhandlungen zogen sich wegen staatlicher Einwände und Forderungen über Jahre hin.

Frank Schlanstedt berichtet weiter: „Nach den Nazipogromen gegen die Juden 1938 emigrierte die Familie in die Niederlande, wo sie den Krieg überlebte.“ Benno Goldstein sei 1946 in Amsterdam gestorben, hält er weiter fest. „Danach siedelte die Familie in die USA über. Ein Enkel der Familie lebt heute noch in Australien.“

Gebäude wird zu DDR-Zeiten zum Kaufhaus Magnet

Das Kaufhaus selbst wurde nach der Emigration der Familie Goldstein weitergeführt. Helga Meyer hat recherchiert, dass das Warenhaus am 31. März 1938 dann „Kaufhaus E. Boerner KG“ hieß. „Von der Fa. E. Boerner KG wurde 1942 das Schmuckfenster mit Bergbaumotiv zum Schutz vor Kriegseinwirkung verkleidet, vergessen und erst 1985 bei Bauarbeiten wiederentdeckt.“

Zu DDR-Zeiten befand sich hier übrigens die Handelsorganisation, wie zahlreiche Leser noch wissen. „Später war es das Kaufhaus Magnet“, hält Helga Meyer noch fest und fügt hinzu: „Immer war es in Eisleben die größte Einkaufsstätte bis zum Ende des Warenhauses 1990.“ Dass es geschlossen wurde, bedauern auch heute noch einige Eisleber.

„Heute fehlt in Eisleben so ein Kaufhaus“, schreiben zum Beispiel Beate Kulpe und Vera Thieme übereinstimmend. Als Gewinner hat Fortuna in dieser Woche Frank Schlanstedt ausgewählt. Herzlichen Glückwunsch.

Das ist das neue Rätselfoto

Und natürlich gibt es auch wieder ein neues Rätselbild. Wer die Lösung kennt, kann sich bis Donnerstag, 7. Juni, beteiligen. Am einfachsten geht das per E-Mail an [email protected]. Viel Spaß beim Suchen und Mitraten. (mz)

Wo ist dieses Bild entstanden? Und was gibt es über den Ort zu berichten?
Wo ist dieses Bild entstanden? Und was gibt es über den Ort zu berichten?
Archiv Heimatstube/Lutz Hiller