Mundraub Mundraub: Weinblattpflücker machen Winzern zu schaffen

Höhnstedt/Seegebiet - Es läuft immer gleich, sagt der Winzer. Das Auto hält, Türen öffnen sich, mehrere Frauen schwirren auf die Weinflächen. Dort zupfen sie Weinblätter, packen sie ein und verschwinden wieder.
„Mittlerweile holen sie sie säckeweise“, sagt der Weinbauer aus Höhnstedt. Seine Vermutung: Die Blätter werden an gastronomische Betriebe verkauft, die sie dann für Speisen nutzen. „Für den privaten Verbrauch ist das zu viel.“
„Das ist schon sehr dreist“
Nahezu täglich streifen ausländische Personen durch die Weinberge im Saalekreis, schrieb jüngst die Bild-Zeitung. Das kann der Höhnstedter Winzer bestätigen. In den vergangenen Jahren sei so etwas ab und an vorgekommen, in diesem Jahr aber sei es besonders ausgeprägt. „Jetzt ist es massiv“, sagt er. „Das ist schon sehr dreist.“
René Schwalbe, Inhaber des unweit gelegenen Weinguts Rollsdorfer Mühle im Seegebiet, hat davon bereits gehört. Sein Wein ist allerdings bislang verschont geblieben. Warum?
Die Flächen, die er bewirtschaftet, sind eher versteckt und nicht so einfach zugänglich. „Zu uns kommen sie nicht“, sagt Schwalbe. Anfang der Woche habe allerdings jemand an seiner Tür gestanden und ihn in gebrochenem Deutsch gefragt, ob er Weinblätter zupfen dürfe. „Wir haben gesagt, dass frisch gespritzt ist“, sagt Winzer Schwalbe dazu.
Winzer an Verkehrsknoten stärker betroffen
Es sind also vor allem Rebstöcke von den Weinblatt-Diebstählen betroffen, die vergleichsweise einfach anzufahren und zu erreichen sind. Philipp Moser, Inhaber des Obsthofes am Süßen See, baut in der Region auf rund 12,5 Hektar Wein an, seine Flächen aber sind eingezäunt, berichtet er.
Zudem lägen sie nicht so offensichtlich an Straßen. „Wir haben schon viel gehabt“, sagt Moser. Im großen Stil Weinblätter aber seien noch nicht geklaut worden. „Ich sehe den Weinberg auch direkt von meinem Büro aus.“
Für den Höhnstedter Winzer, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, stellt sich die Lage derzeit weniger entspannt dar. „Mich nervt am meisten, dass jemand meiner Hände Arbeit mit Füßen tritt“, sagt er.
Trauben benötigen Blätter für die Süße
Gepflückt würden überwiegend die zarten Blätter. Durch das Abzupfen werde eine Verästelung der Pflanzen und buschiger Wuchs angeregt. Die Folge: Man muss mehr Pflanzenschutzmittel einsetzen. Außerdem benötigen die Trauben die Blätter für ihre Entwicklung. Sonst werden sie nicht süß genug.
Der Winzer hofft, dass die Polizei aktiv wird. Die Autos, aus denen die Weinblatt-Pflücker ausstiegen, hätten allesamt hallesche Kennzeichen, sagt er. Da sich das Problem verstärke, schreibe man inzwischen Anzeigen und mache Fotos. Man habe auch versucht, mit den Personen zu sprechen, die die Weinblätter pflücken. „Die sagen entweder, dass sie kein Deutsch verstehen oder nicht wüssten, dass man das nicht darf.“
(mz)
