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Markt in Eisleben Markt in Eisleben: Luther-Statue kehrt zurück

Von Wolfram Bahn 17.06.2016, 08:00
Nun steht ein vorläufiger Ersatz für das Lutherdenkmal auf dem Eisleber Markt.
Nun steht ein vorläufiger Ersatz für das Lutherdenkmal auf dem Eisleber Markt. Lukaschek

Eisleben - Erstaunliche Dinge vollziehen sich auf dem Eisleber Markt: Vor rund drei Wochen wurde das Lutherdenkmal abgebaut, doch nun steht plötzlich eine neue Statue des Reformators vor dem Rathaus. Es ist nicht die echte, sondern eine fast originalgetreue Nachbildung des Lutherdenkmals, das seit 1883 den Markt in Eisleben ziert. Bürger der Stadt haben sich zusammengetan, um die Lücke zu füllen, die durch die Sanierung des Denkmals entstanden ist.

„Eisleben ohne Luther, das ist undenkbar“, so der umtriebige Entertainer Jost Naumann, der einer der Initiatoren der Aktion ist. Insbesondere Touristen aus aller Welt sind enttäuscht, dass sie kein Foto vom Lutherdenkmal in Eisleben schießen können. Und das in der Stadt, in der der Reformator 1483 geboren wurde und 1546 auch starb. „Wir können doch die Lutherverehrer nicht bis zum Herbst vertrösten, wenn das Denkmal wieder aufbaut werden soll“, sagte Naumann der MZ. Und so entstand die Idee vom Ersatz-Luther.

"Gewöhnungsbedürftiger" Anblick

Mit im Boot saß der Geschäftsmann und Stadtrat Rainer Gerlach. Beide fanden Mitstreiter, die sofort Feuer und Flamme waren. Auch bei Oberbürgermeisterin Jutta Fischer rannten sie mit ihrem Vorschlag offene Türen ein. „Der Anblick ohne Luther ist schon gewöhnungsbedürftig“, räumte sie gegenüber der MZ ein. Immerhin hat sie jeden Tag vom Fenster ihres Büros im Rathaus aus freie Sicht auf die Baustelle auf dem Markt.

1.000 Liter Wasser im Sockel

Und da kommt dem Stadtoberhaupt die stilechte Luther-Abbildung nur recht. Sie besteht aus einem zweiteiligen Stahlgerüst, das mit Fotos vom Originaldenkmal beklebt ist. Die Metallarbeiten hat die Firma Reinhardt-Pagel aus Unterrißdorf übernommen. Die Fotos fertigte die Werbefirma Bluhm an. Der städtische Betriebshof stellte ein Transportfahrzeug. Und die Feuerwehr lieferte 1 000 Liter Wasser, mit dem ein Tank im Sockel gefüllt wurde, um dem Ersatz des Lutherdenkmals die nötige Standfestigkeit zu verleihen.

Am Donnerstagnachmittag war es soweit: Kurz vor 14 Uhr rollten die zwei Teile des Metallgerüsts auf den Markt. Auf Bitten der Initiatoren hatten die Markthändler ihre Stände deswegen schon eher abgebaut. „Alle zeigten Verständnis“, sagte Naumann. Ein Autokran hievte die Teile schließlich auf einen vorher genau bestimmten Platz auf dem Obermarkt.

Das Denkmal wurde so aufgestellt, dass Touristen beim Fotografieren das Rathaus und die Andreaskirche wie vorher auch im Hintergrund mit auf Bildern festhalten können.

Urlaubstag geopfert

„Jetzt haben wir ihn wieder“, rief das Stadtoberhaupt aus, als das Ersatz-Denkmal für Luther stand. Sie war zufrieden mit der Ausführung. Andreas Pagel von der Metallbaufirma machte derweil die letzten Handgriffe. Er und seine Mitarbeiter hatten an fünf Tagen nach Feierabend an dem rund vier Meter hohen Metallgerüst nach den Vorgaben der Initiatoren gewerkelt. „Wir haben das gerne gemacht“, sagte Pagel. Er hatte noch dazu einen Urlaubstag geopfert, um das Denkmal mit aufzustellen.

Ein Makel an der Abbildung

Als die Konstruktion stand, kam die Tropf- und Rüttelprobe. Doch der Wassertank war dicht. Und auch das Denkmal bewegte sich nicht einen Millimeter vom Platz. Nur ein Makel wurde offensichtlich: Die Füße von Luther sind nicht richtig zu sehen. Clemens Aschenbrenner von der Firma Bluhm nahm gleich Maß, um noch das fehlende Teilstück anzufertigen. Nächste Woche soll der Ersatz-Luther dann auch ordentliche „Beinfreiheit“ haben.

Ein Biker aus Ostfriesland, der gerade in Eisleben Station macht, lobte ungeachtet dessen die Arbeit „Das ist echt ein Hingucker“, fand nicht nur der Mann in der Lederkluft. „Sieht wie lebendig aus“, meinte eine ältere Frau, die gerade am Marktplatz vorbeikam. Schnell hatte sich eine Schar Schaulustiger eingefunden. Alle zückten ihre Handys, um Fotos von der neuen Attraktion der Stadt zu machen.

Schmach vor rund 200 Jahren

Dass die Eisleber schnell hellhörig werden, wenn es um „ihr“ Lutherdenkmal geht, hat auch mit einer Schmach zu tun, die sie vor rund 200 Jahren erdulden mussten. Damals wurde „300 Jahre Reformation“ gefeiert. Aus diesem Anlass gab der preußische König ein Luther-Denkmal in Auftrag, das 1817 aber nicht für Eisleben, sondern für Wittenberg bestimmt war. Das haben ihm die Mansfelder übel genommen. Sie fühlen sich bis heute im Schatten der Elbestadt, in der Luther am 31. Oktober 1517 die Reformation eingeläutet hat.

Dieses Jubiläum steht auch im Mittelpunkt des Kreiskirchentages, der am Wochenende in Eisleben rund um Markt und Andreaskirche stattfindet. Mussten die Organisatoren schon wegen der Baustelle auf dem Markt ihre Infostände neu ordnen, tauchte nun plötzlich auch das neue Lutherdenkmal auf. „Doch wir haben eine guten Kompromiss gefunden“, so Superintendent Andreas Berger. Das mit dem Ersatzdenkmal sei eine „tolle Idee“, sagte er. Das Denkmal komme zum Treffen der Christen aus der Region wie gerufen, so Berger. (mz)