Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Gedenken an jüngstes Eisleber Opfer
EISLEBEN/MZ. - Vor dem Haus Markt 47 in Eisleben, dem Domizil der Thalia-Buchhandlung, erinnern seit Dienstag drei Stolpersteine an die jüdische Familie Mendelsohn. Das Ehepaar Lina und Hans Joachim Mendelsohn und ihr erst sechsjähriger Sohn Gerhard wurden am 12. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet. "Gerhard war das jüngste jüdische Opfer in Eisleben", sagte Sebastian Funk, Mitglied des Fördervereins Eisleber Synagoge, der bereits zum vierten Mal eine Stolperstein-Aktion initiiert hat. Das Besondere am Dienstag: Der Gedenkstein für Gerhard ist von den drei christlichen Kindergärten der Stadt gesponsert worden. Die Spender für die anderen beiden Steine sind Joachim Rost, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats St. Annen, und sein Sohn Konstantin Rost, Pfarrer in Magdeburg.
Die Familie Mendelsohn stammte aus Westpreußen. In den 1890er Jahren kamen Albert und Amalie Mendelsohn nach Eisleben, wo sie das Wollwaren- und Posamentengeschäft von Siegmund Lewin am Markt 47 übernahmen - damals gab es an Stelle der heutigen Buchhandlung noch zwei Läden. Hans Joachim Mendelsohn führte das Geschäft nach dem Tod des Vaters 1925 weiter. Ab Juni 1940 musste er in die Zwangsarbeit nach Halle. Die letzte Nachricht über die Familie Mendelsohn gibt die Deportationsliste von 1941.
"Wir haben mit den Kindern über die Familie gesprochen und was mit ihr passiert ist", sagte Eva-Maria Silabetzschky, Leiterin des katholischen Kindergartens. Die Bitte um Spenden für den Stolperstein habe bei den Eltern eine sehr große Resonanz gefunden. Auch die Kinder im evangelischen Kindergarten beschäftigten sich mit dem Schicksal der Familie Mendelsohn. "Das hat uns alle sehr berührt", so Leiterin Jutta Scholz. Die Kinder malten auch Bilder - drei davon sind in einem Schaufenster der Thalia-Buchhandlung ausgestellt, das anlässlich der Stolperstein-Aktion gestaltet worden ist.
Nicht nur über die Familie Mendelsohn, sondern auch über jüdisches Leben im allgemeinen haben die Kinder viel erfahren. Im Montessori-Kindergarten in Helfta gab es dazu einen Projekttag mit Mitgliedern der Synagogengemeinde Halle - organisiert von Maria Hahn vom Lokalen Bündnis für ein verantwortliches Miteinander. "Wir haben über die jüdische Religion und jüdisches Leben gesprochen", so Leiterin Gabriele Matz. "Das war sehr interessant für die Kinder." Außerdem wurde gemeinsam "koscheres" Brot gebacken.
Oberbürgermeisterin Jutta Fischer würdigte die Arbeit des Synagogenvereins. Die Stolperstein-Aktion habe sich zu einer "guten Tradition" entwickelt. Sie hoffe, dass sich auch künftig Sponsoren finden werden.