Kirchenuhr im Saale-Dorf Kirchenuhr im Saale-Dorf: Der Glockenschlag von Friedeburg
Friedeburg - Nach mehrwöchigem Schweigen geht die alte Kirchenuhr im Saale-Dorf Friedeburg wieder. In den Abendstunden und nachts, wenn andere Geräusche verstummen, sind ihre Glocken, die alle 15 Minuten erklingen, besonders klar und deutlich zu hören.
Der Ortsbürgermeister Siegfried Haaßengier, der zudem aktiv in der Kirchengemeinde arbeitet, lauscht dem Glockenschlag mit besonderer Freude zu. Zum einen, weil der Uhr-Mechanismus nach einem Werkstatt-Aufenthalt reibungslos funktioniert. Und zum anderen, weil er, Haaßengier, nicht mehr die steile Treppe hoch laufen muss, um die Uhr mit einer Handkurbel aufzuziehen. Wie der 70-Jährige das jahrelang getan hat, jeden Tag bei jedem Wetter. Diese Arbeit erledigt jetzt ein elektrischer Antrieb.
Zu dieser Modernisierungsmaßnahme entschloss sich die Kirchengemeinde, weil es für Haaßengier in seinem Alter immer schwieriger wurde, die Treppe hochzuklettern und mit der Kurbel zu hantieren. Ein jüngerer Nachfolger war aber nicht in Sicht. Also wurde erst einmal erkundigt, wie viel denn die Umstellung vom Handaufzug auf einen elektrischen kosten würde.
Spenden für die Kirchengemeinde
Angesichts der ermittelten fünfstelligen Summe verschlug es den Friedeburgern im ersten Augenblick den Atem. So viel Geld hatte die Kirchengemeinde nicht. Doch dann wurde überlegt, ob es nicht doch zu schaffen wäre - zum Beispiel mit Hilfe von Spenden.
Monate später hat es geklappt. Haaßengier: „Neben Spenden kam Geld vom regionalen Kirchenkreis. Auch aus dem kommunalen Haushalt gab es einen Zuschuss.“
Die Kirchenuhr von Friedeburg ist 130 Jahre alt. Hergestellt wurde sie 1885 in der Weule-Turmuhrenfabrik und Glockengießerei Bockenem (Niedersachsen). Für Generationen der Einwohner ist sie ein untrennbarer Teil der Dorfgeschichte und ihrer eigenen Zusammengehörigkeit.
Vor Siegfried Haaßengier gab es in all den Jahren etliche Leute, die das Uhrwerk per Hand aufzogen. Mit einer Kurbel wurde an den drei Trommeln der Mechanismus aufgezogen. 20 Umdrehungen an der einen, damit die Uhr ging, 20 an der zweiten, die für den Glockenschlag zu jeder vollen Stunde „zuständig“ war. An der dritten waren 25 Umdrehungen nötig, damit die Glocke viertel-, halb- und dreiviertelstündlich schlägt.
Nun wird das Urwerk elektrisch gesteuert.
So konnte nicht nur die Installierung eines elektrischen Aufzuges in Auftrag gegeben werden. Für insgesamt mehr als 10 000 Euro übernahm Eckhard Wende, ein erfahrener Fachmann für Turmuhren und Glockenservice aus Wendelstein im Burgenlandkreis zugleich die Aufgabe, die Uhr einer Generalreparatur zu unterziehen. Prophylaktisch sozusagen, denn das alte Uhrwerk funktionierte noch einwandfrei. Aber sicher ist sicher, dachten die Friedeburger.
Drei Wochen Arbeit
Der Meister kam nach Friedeburg, baute den Mechanismus aus - und etwa drei Wochen später war alles wieder da. Eingebaut, geprüft - alles in Ordnung. Nun haben die Friedeburger wieder ihre Uhr, die sich jede Viertelstunde zu Wort meldet.
Alle, die eine moderne Armbanduhr haben, vergleichen dann oft unwillkürlich die Zeit. Da fiel es auf, dass es die Kirchenuhr ein wenig eilig hat. Etwa eine Minute pro Tag läuft sie der richtigen Zeit voraus. Angesichts ihres ehrwürdigen Alters von etwa 130 Jahren sind die Friedeburger nachsichtig. Zumal es nie mehr als eine Minute wird. Denn jeden Tag wird bei der Uhr automatisch wieder die richtige Zeit eingestellt.
„Auch die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und umgekehrt erfolgt automatisch“, sagt Haaßengier. Die Uhr ist ihm in all den Jahren ans Herz gewachsen. „Jetzt wird sie bestimmt noch weitere 100 Jahren laufen“, so der Ortsbürgermeister. Zu einem Dorf gehöre eine Kirche und eine Kirche müsse eine Uhr haben, ist er überzeugt. (mz)