FlowTex-Skandal FlowTex-Skandal: Romonta Amsdorf ist vom Schicksal gebeutelt

Amsdorf/MZ - Der Schornstein in Amsdorf ist der einzige zwischen Halle und dem Südharz, der noch raucht. Dass das Kraftwerk der Romonta GmbH, zu dem der 170 Meter hohe Riese gehört, überhaupt noch in Betrieb ist, grenzt schon ein wenig an ein Wunder. Denn der weltgrößte Hersteller von Rohmontanwachs stand in den letzten Jahrzehnten schon mehrmals vor dem Abgrund. Jedes Mal gelang die Rettung. Und das hoffen die rund 450 Beschäftigten auch nach dem jüngsten folgenschweren Erdrutsch im unternehmenseigenen Tagebau, der Romonta wie aus heiterem Himmel getroffen hat.
Völlig unvorbereitet und unschuldig geriet Romonta zur Jahrtausendwende auch in den Strudel des FlowTex-Skandals. Das Unternehmen aus dem Mansfelder Land gehörte nämlich zum Firmenimperium des badischen Managers Manfred Schmider, der Romonta 1995 vom Treuhandnachfolger BvS erworben hatte.
Scheinleasing-Geschäfte
Auf den ersten Blick schien dies ein Glücksfall zu sein. Denn der Standort hing nach dem Zusammenbruch der DDR lange in der Luft. Die Mitteldeutschen Braunkohle AG (Mibrag), die den Tagebau betrieben hat, sah keine Zukunft mehr für Amsdorf.
Erst nach harten Auseinandersetzungen im Aufsichtsrat machte die Mibrag 1993 rund 200 Millionen D-Mark für ein Sanierungskonzept locker. Das Geld wurde bis 1997 in die Modernisierung des Betriebes gesteckt. Der Löwenanteil floss in neue Umwelttechnik. Die Kohle kommt seither nicht mehr auf Gleisen aus dem Tagebau sondern über Förderbänder.
Als die Romonta-Spitze um den umtriebigen Günter Stieberitz dachte, man sei nun aus dem Gröbsten, schlug der FlowTex-Skandal zu. Dabei ging es um Scheinleasing-Geschäfte mit nicht existierenden Bohrsystemen. 2000 flog die Sache auf. Eine der größten Wirtschaftsbetrügereien mit einem Schaden von über zwei Milliarden Euro wurde aufgedeckt. Romonta geriet in den Strudel des FlowTex-Skandals, weil Schmider das Unternehmen über ein 50-Millionen-Darlehen an eine Bank verpfändet hatte.
Um Romonta zu retten, schritten zwölf Führungskräfte, darunter der heute 74-jährige Stieberitz und Gottfried-Christoph Wild (64) zur Tat. Sie kauften im Jahre 2001 die Firma über ein Management-by-Out von der Bank und sicherten durch diesen Coup die Arbeitsplätze. Damit konnte Romonta seine Produkte weiterhin in über 60 Länder der Erde schicken. Doch schon damals war klar, dass die Braunkohle in Amsdorf ein Auslaufmodell ist. Neue Geschäftsfelder wurden gesucht und gefunden. Die Verbrennung von Reststoffen aus Hausmüll ist eines davon. Romonta baute 2004 die erste Anlage dafür.
Teure Vertragsverpflichtungen
Doch das Unterfangen stand unter keinem gutem Stern. Das kreiseigene Firmengeflecht zur Abfallentsorgung brach später auseinander. Romonta musste 2009 in die Wertstoffaufbereitung GmbH Edersleben einsteigen, um sich die Mülllieferung aus dem Landkreis zu sichern. Sie hatte damit - vermutlich unwissentlich - auch teure Vertragsverpflichtungen für einen Müllverbrennungsanlage in Staßfurt übernommen. Das Tauziehen endete im Vorjahr mit einem Vergleich. Auch der Einstieg ins Solargeschäft brachte Ungemach. Als vor rund einem Jahr der erste Spatenstich für einen Solarpark in einem früheren Tagebaufeld erfolgte, hatte die Bundesregierung gerade die Solarförderung gekürzt. Ob sich das 50-Millionen-Euro-Projekt, das Romonta und ein Magdeburger Partner gestemmt haben, jetzt noch rechnet, ist unklar.
Und ausgerechnet in diesem Jahr, in dem der Braunkohleabbau am Kupferhammer vorbereitet werden soll, schlägt das Schicksal wieder zu. Ein gewaltiger Erdrutsch bringt die Förderung bis auf Weiteres zum Erliegen. Das neue Abbaufeld sollte die Montanwachsgewinnung bis 2030 sichern. Nun ist das in Gefahr. Denn nicht nur Jürgen Ludwig, Bürgermeister der Seegemeinde, weiß: „Romonta steht und fällt mit dem Tagebau.“

