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Ehepaar aus Sachsen besuht Kloster in Helfta Ehepaar aus Sachsen besuht Kloster in Helfta: Mit dem Planwagen durch Europa

Von Susann Salzmann 14.09.2015, 15:24

Eisleben - Pathos und Tradition prägen die Reisen von Jürgen Pohl und seiner Frau Elsbeth Pohl-Roux. 20 Tage haben sie sich jetzt freigenommen, um gut 250 Kilometer durch die deutschen Lande zu reisen. Nein, es sei keine profane Urlaubsreise, winkt die 59-jährige naturverbundene Frau ab. Mit einem Planwagen, der an alte Westernstreifen erinnert, sind sie am 2. September von ihrer Heimat Klosterbuch in Sachsen losgezogen.

Rast machen und neue Kontakte knüpfen

Beim langsamen Schritt der Pferde - die Umwelt werde so intensiver wahrgenommen als bei Autofahrten - plaudert der 60-jährige Jürgen und rückt die Zinnbecher auf dem hölzernen Campingtischchen zur Seite. Auf der Tischoberfläche sind alle Zisterzienserklöster in Deutschland und den angrenzenden Ländern bis ins Jahr 1200 zu sehen. Der Traum des Ehepaares ist, alle auf der Tischkarte dokumentierten Routen nachzureisen, bei den Klöstern innezuhalten, Rast zu machen, neue Kontakte zu knüpfen.

Nachdem man vor mehr als zwei Jahren einen Planwagen in Österreich erworben hatte, stand diesem Anliegen nichts mehr im Wege. Idealerweise dringe man in einigen Jahren bis zu einem Zisterzienserkloster im französischen Citeaux vor. Die Reisen sollen dann mitunter schon einmal ein halbes Jahr andauern. Diesen „Luxus“ werde man sich allerdings erst mit Erreichen des Rentenalters leisten.

Zisterzienser nennen sich die Mönche und Nonnen, die in der Tradition der Gründer des Klosters Citeaux ein Leben des Gebets, der Lesung und der Arbeit führen wollen. Der Zisterzienserorden entstand durch Reformen aus der Tradition des Ordens der Benediktiner.

In der Mystikbewegung erlangten drei deutsche Zisterzienserinnen große Bedeutung: Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn und die Heilige Gertrud von Helfta, die alle dem Kloster Helfta angehörten, das man „die Krone der deutschen Frauenklöster“ nannte.

Gute 170 Kilometer haben sie zurückgelegt, als sie im Kloster Helfta in Eisleben einkehren. Das Kloster ist ihnen nicht unbekannt. Die Einkehr ist ein Muss und Genuss gleichermaßen. „Es ist ein lebendiges Kloster“, schildert die 59-Jährige Elsbeth ihre Eindrücke, die sich beim nunmehr zweiten Besuch verfestigt habe. Bewundernd erzählen sie von der Herzlichkeit und Offenheit der Schwestern. „Sie haben ein unglaubliches Selbstbewusstsein“, findet Elsbeth. „Sie leben ihr klösterliches Leben, ohne dass das Weltliche ausgeblendet wird“, ergänzt der Gatte.

Gebete berühren

Beide Gäste bekommen nun einen Einblick in den Tagesablauf, registrieren die mehrmaligen Gebetszeiten am Tag und sind erstaunt, dass der Mensch trotzdem viel schaffen kann. „Als Christ berührt mich das“, erklärt Elsbeth, die in einer Pfanne das vegetarische Mittagsgericht vorbereitet hat: Couscous mit Brokkoli und Pilzen. Erwärmt auf einem Campingkocher. Stärkung muss sein, denn das Reisen mit dem von zwei Rheinisch-Deutschen Kaltblütern gezogenen Planwagen sei aufgrund der Verkehrsdichte anstrengender als in der Zeit, als die Mönche auf diese Art reisten.

Fernab von Hauptverkehrsadern

Sofern möglich, halte man sich fern von Hauptverkehrsadern. Dass sie von Passanten angesprochen werden, bleibe jedoch nicht aus. Manche brächen in Tränen aus: Das Erscheinungsbild des Ehepaars mit dem Planwagen erinnere viele an die Flucht im 2. Weltkrieg. Wie oft wird es noch zu Kontakten mit Passanten bis zum Zielort Walkenried kommen? Bei einer Tagesstrecke von bis zu 25 Kilometern gibt es da schon einige. Ganz sicher komme man aber ins Gespräch, wenn die Pferde wieder Wasser brauchen – immerhin 50 Liter täglich, so Elsbeth Pohl-Roux.

Im Planwagen herrscht große Funktionalität. Die Kisten unter den Sitzpolstern dienen als Stauraum für Kleider wie etwa Lammfellwesten oder die Federbettwäsche. Durch die Reisen habe man besseres Improvisieren und Organisieren gelernt. Für eine knapp dreiwöchige Reise benötige man weniger, als man denkt. Deshalb „werden wir 2016 nur noch die Hälfte der Kleidung von diesem Mal mitnehmen“. Vor zwei Jahren mit Polen angefangen, geht es entlang der Routen in den kommenden Jahren westwärts. (mz)