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Unglück am Muldewehr Dessau Unglück am Muldewehr Dessau: Hätte ein Zaun das Drama verhindern können?

Von Steffen Brachert 08.01.2015, 19:54
Am Muldewehr erinnern zahlreiche Kerzen und Blumen an das Unglück.
Am Muldewehr erinnern zahlreiche Kerzen und Blumen an das Unglück. Sebastian Lizenz

Dessau - Die Familie des am Muldewehr vermissten 21-jährigen jungen Mannes hat schwere Vorwürfe gegen den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) erhoben. „Ein auch nur kleiner Zaun hätte dieses Unglück verhindert“, sagte Vater Karl-Wilhelm Geissel der MZ und warf LHW-Chef Burkhard Henning vor, die Gefahren des Muldewehrs zu bagatellisieren. Dies zeuge von „lebensgefährdender Ignoranz und Verantwortungslosigkeit“.

Geissel prüft nach eigenen Angaben derzeit eine Strafanzeige gegen das LHW, das für das Muldewehr und die Umgebung verantwortlich ist. Henning hatte am Mittwoch gegenüber der MZ erklärt, das LHW sei rein rechtlich nicht verpflichtet, an dieser Stelle einen Zaun aufzustellen. Bei dem Dessauer Muldewehr handele es sich um eine allgemein übliche und bekannte Gefahrenstelle.

Rettungsversuch für einen Hund

Geissels Sohn Christopher hatte am Montag gegen 12 Uhr versucht, den Hund seiner Freundin aus dem vier Grad kalten Wasser zu retten. Das Tier war nördlich des Muldewehrs in den Fluss gefallen und hatte drei Meter vom Ufer entfernt getrieben. „Da überlegen sie nicht. Chris hat nur seine Jacke ausgezogen und ist zur Rettung des Hundes in das Wasser gesprungen.

Er wird noch nicht einmal damit gerechnet haben, dass das Wehr an dieser Stelle über zwei Meter tief ist“, sagte ein tief trauriger und trotzdem wütender Geissel. Sein Sohn sei ein guter Schwimmer gewesen. „Ganz sicher ist er nicht davon ausgegangen, dass er in der Nähe des Wehrs in eine so starke Unterströmung geraten könnte, aus der er mit eigener Kraft und ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskommt.“

Geissel war seit Montag mehrfach am frei erreichbaren Betonplateau nahe dem Wehr, der Unglücksstelle, gewesen. Dort erinnern inzwischen zahlreiche Kerzen und Blumen an das Unglück. Der 21-Jährige wurde trotz großer Bemühungen von Polizei und Feuerwehr bislang nicht gefunden.

„Ein Zaun hätte die nicht sichtbaren Gefahren im Bereich des Muldewehrs für jeden, auch für unseren Sohn, sichtbar und bewusst gemacht“, erklärte der Dessauer Unternehmer. Die Situation am Wehr könne man nicht mit einer Straße vergleichen, die man auch nicht einzäune, weil sie gefährlich ist. Henning hatte genau das getan. Geissel kritisierte das als „zynisch“ und gab sich überzeugt: „Wenn - wie an jeder kleinen Schleuse üblich - auf Warnschildern die Gefahr deutlich erkennbar gemacht worden wäre und dort ein Rettungsring gehangen hätte, dann wäre es nicht zu diesem sinnlosen Tod gekommen.“

Ein Unglücksfall schon 2002

Das Nichtstun sei umso unbegreiflicher, weil es sich nicht um das erste Unglück an dieser Stelle handele, sagte Geissel. 2002 war ein 9-jähriges Kind in die Mulde gefallen. Es hatte in der Nähe des Wehrs seine Schuhe saubermachen wollen und hatte das Gleichgewicht verloren. „Man hätte“, sagte Geissel, „seitdem reagieren müssen.“ (mz)