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Teilzeitausbildung Teilzeitausbildung: Technik ist nicht typisch Frau

Von sylke kaufhold 05.11.2013, 19:36
Teamleiter Heino Sommer steht der Auszubildenden Kathleen Beck bei der Wicklung eines Generators hilfreich zur Seite, Firmenchef Reiner Storch überzeugt sich davon.
Teamleiter Heino Sommer steht der Auszubildenden Kathleen Beck bei der Wicklung eines Generators hilfreich zur Seite, Firmenchef Reiner Storch überzeugt sich davon. sebastian Lizenz

dessau/MZ - Der Tag fängt für Kathleen Beck früh an. Bevor sie um 7 Uhr bei der Anhaltischen Elektromotorenwerke GmbH in der Dessauer Daheimstraße ihr Tagwerk als Auszubildende im Beruf der Elektronikerin für Maschinen- und Antriebstechnik beginnt, bringt die 23-jährige Roßlauerin ihren Sohn in den Kindergarten. In der Kita Sonnenköppe in der Augustenstraße verbringt der Vierjährige den Tag, bis ihn die Mutti nach Dienstschluss um 15 Uhr wieder abholt, um mit Bahn und Bus nach Hause zu fahren.

Eigentlich beginnt die Schicht bei AEM bereits um 6 Uhr. Das hätte Kathleen Beck mit der Öffnungszeit der Kita, die erst um 6 Uhr öffnet, nicht hinbekommen. Dass sie ihre Arbeitszeit im Betrieb entsprechend ihren Bedürfnissen verschieben konnte, das verdankt die alleinerziehende Mutter der works gGmbH, wo sie eine Maßnahme „Orientierung und Aktivierung“ absolvierte. „Wir haben sie auf die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung hingewiesen und sie bei der Suche einer Ausbildungsstelle unterstützt“, berichtet Dirk Mäbert.

"Ich habe bestimmt 30 Bewerbungen geschrieben"

Für AEM-Geschäftsführer Reiner Storch war eine solche Teilzeitausbildung Neuland. „Danach hat noch nie einer gefragt.“ Ein Problem damit hatte er nicht. Im Gegenteil. „Frau Beck hat sich vorgestellt, und es war von Anfang an zu spüren, dass sie ernsthaftes Interesse hatte.“ In einem mehrwöchigen Praktikum lernte sie den Arbeitsalltag kennen. Und war auch danach noch überzeugt davon. „Elektronik hat mich schon immer interessiert“, erzählt Kathleen Beck. Aber Schwangerschaft und Elternzeit haben die berufliche Entwicklung erstmal unterbrochen. „Ich habe schon länger eine Ausbildung in dieser Richtung gesucht, habe bestimmt 30 Bewerbungen geschrieben.“ Ohne Erfolg. „Ich habe mich beworben, weil mich Elektronik interessiert. Dass ich eine Frau bin, darüber habe ich nicht nachgedacht“, sieht sie in ihrer Berufswahl nichts Ungewöhnliches. Während sich Jobcenterchef Jens Krause und Firmenchef Reiner Storch schon freuen, dass sie einen technischen und damit einen Männerberuf gewählt hat.

Der Elektroniker sei ein handwerklicher Beruf, der Fingerfertigkeit und technisches Grundverständnis erfordere, erklärt Storch. „Also durchaus etwas für Frauenhände.“ Doch leider sei der Frauenanteil in der Belegschaft seit 1993 von damals 24 Prozent auf jetzt 18 Prozent zurückgegangen. 1994 hatte das Unternehmen die letzte Bewerbung für die Ausbildung zur Elektronikerin. 24 Auszubildende in acht Berufen gibt es derzeit bei AEM, davon sind lediglich vier Frauen (eine Fachkraft für Lagerlogistik, zwei Industriekauffrauen, eine Elektronikerin). „Es könnten ruhig mehr Frauen sein“, ermuntert Reiner Storch. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei dabei kein Hinderungsgrund. „Flexible Arbeitszeiten sind machbar.“

Kathleen Beck hat ihren Traumberuf gefunden. „Ich fühl mich wohl und es macht Spaß“, sagt sie. Den langen Tag nimmt sie dafür gern in Kauf.