Schwere Beute für Isegrim Schwere Beute für Wölfe in Dessau-Roßlau: Wolfsbotschafter erklärt wie man Weidetiere besser schützt

Dessau - Christian Emmerich kennt die Schlagzeilen mit den Schreckensszenarien zur Genüge: Wolf reißt Schafe, Wolf reißt Kälber, Wolf reißt Fohlen ... Alles schon vorgekommen in der Region. Immer wieder werden dann Stimmen laut, dass es wohl doch nicht so gut war, den Wolf hier wieder heimisch werden zu lassen.
„Wir müssen da sachliche Debatten drüber führen“, fordert Emmerich. Der 52-jährige Dessauer Hundetrainer ist einer von fünf ehrenamtlichen Wolfsbotschaftern des Nabu in Sachsen-Anhalt. Er hält Vorträge und betreut Infostände zum Thema Wolf - so wie am Samstag zum 7. Tier-, Natur- und Umweltschutztag im Foyer des Umweltbundesamtes (Uba).
„Mit dem Herdenschutz steht und fällt die Akzeptanz des Wolfes“
19 Aussteller rund um das Thema Tier- und Umweltschutz hat der Dessauer Tierschutzverein Pfötchen wieder zum Netzwerken und Diskutieren eingeladen. Emmerich war wie in den Vorjahren als Vortragender im Uba-Hörsaal und als Gesprächspartner am Nabu-Infostand ein gefragter Mann.
Er erzählt über den Wolf in der Region und was Viehbauern tun können, um Angriffe zu minimieren. „Mit dem Herdenschutz steht und fällt die Akzeptanz des Wolfes“, stellt er fest.
Ist eine Rinder- oder Schafherde ungeschützt, hat der Wolf als Jäger leichtes Spiel. Das Drama und die Schlagzeilen sind danach groß. Emmerich will das ändern. Anfang des Jahres, nachdem in Kühren bei Aken eine Mutterkuh nachweislich von einem Wolf gerissen wurde, hat der Wolfsbotschafter mit dem betroffenen Bauer ein Projekt ins Leben gerufen, das nach den besten Schutzmaßnahmen sucht.
Nicht jeder Hund ist auch ein guter Schutzhund für die Herde
Am Dienstag wird es vor Ort der Öffentlichkeit vorgestellt. Am Samstag gab es im Uba schon eine konkrete Vorschau. Ein engmaschiger mobiler Elektrozaun und drei Schutzhunde sollen die Rinderherde in Zukunft effektiver vor möglichen Wolfsangriffen schützen. Das Land übernimmt bis zu 80 Prozent der Kosten.
Manche Bauern und Schäfer haben auch in der Vergangenheit ähnliche Schutzmechanismen errichtet, wo es trotzdem zu Attacken kam. „Ist der Schutzzaun nicht engmaschig genug, ist das für den Wolf genauso eine Einladung, wie wenn die Hunde wenig Eignung zum Herdenschutz haben“, erklärt Emmerich.
Mancher Herdenhund ist ein Couch-Potato aus dem Tierheim, der als Schutzhund gegen den Wolf überfordert ist.
Der richtige Umgang mit dem Wolf ist ein Lernprozess
Der Wolfsbotschafter weiß auch, dass der richtige Umgang mit dem Wolf ein Lernprozess ist. Schließlich wurde er über Jahrhunderte ausgerottet. Seit dem Jahr 2000 breitet er sich von der Lausitz hauptsächlich über den Osten und Norden Deutschlands aus.
Rund 70 Rudel sind aktuell in Deutschland bestätigt, darunter 13 in Sachsen-Anhalt. Den neuesten Nachweis in der Region gibt es für die Oranienbaumer Heide. Ein Elternpaar und vierfacher Nachwuchs haben hier einen Teil ihres Reviers, das sich bis nach Bergwitz und Jeßnitz erstreckt. Wanderer und Radler haben sie schon gesichtet.
„Das waren seltene Momente. Wie fast alle Wölfe ist auch diese Population sehr menschenscheu“, betont Emmerich. Er sieht keine Gefahren für Besucher in der Oranienbaumer Heide und auch nicht für weidende Nutztiere - wenn Vorkehrungen getroffen werden. (mz)