Zukunftsmacher vom Flugplatz Schaltschrank- und Gehäusetechnik GmbH Dessau: Ausbildungsleiter Frank Thümmel geht mit 68 in den Ruhestand

Dessau - Nach fast 54 Dienstjahren hängt Frank Thümmel seinen blauen Kittel endgültig an den Haken. Im April wird er 68. „Dann ist Schluss“, lacht der Mann, der lange Jahre in der Schaltschrank- und Gehäusetechnik GmbH am Dessauer Flugplatz für die Lehrausbildung zuständig war.
Zwar ist er schon Rentner, doch zweimal die Woche im Betrieb. Noch ist er Vorsitzender des Betriebsrates. „Fünf Mal bin ich gewählt worden. Mein Mandat wollte ich nicht auslaufen lassen“, sagt er. Doch jetzt stehen Neuwahlen an. Der endgültige Abschied rückt also näher.
Die Lehrausbildung, das merkt man dem Mittsechziger an, hat er mit Leib und Seele in den Händen gehabt. 2006 hatten die Schaltschrankbauer zum ersten Mal ausgebildet - vier Konstruktionsmechaniker und eine Industriekauffrau. Auch für Thümmel war das eine Premiere. „Mit jungen Leuten umzugehen, war für mich eine völlig neue Sache.“
„Betrieblichen Nachwuchs bekommt man am besten, wenn man ihn selbst ausbildet
Erst ein Jahr zuvor hatte sich die Firma, die damals zur Berliner Geyer-Gruppe gehörte, am Flugplatz angesiedelt. Geyer hatte den Schaltschrankbau des einstigen Gasgerätewerkes Dessau übernommen und zehn Millionen Euro in die neue Produktionsstätte investiert. Auch in eine Lehrwerkstatt, die mit Zerspanungsmaschinen, Dreh- und Fräßmaschinen, Schlagscheren, Werkbänken und vielem mehr ausgestattet worden war.
Eben allem, was für die Ausbildung von Konstruktionsmechanikern, Industriemechanikern, Maschinen- und Anlagenführern gebraucht wird. „So etwas“, findet er, „muss man erstmal suchen.“ Doch „schon der damalige Geschäftsführer war überzeugt, betrieblichen Nachwuchs bekommt man am besten, wenn man ihn selbst ausbildet“, erzählt Thümmel. Wie viele es in den 12 Jahren waren? „Rund 40“, sagt der frühere Gasgerätewerker, der dort 1964 seine Lehre zum Zerspanungsfacharbeiter begonnen hatte.
Lange Jahre war Thümmel Maschineneinrichter in der Stanzerei des einstigen Dessauer Großbetriebes, nach der Wende dann Fertigungsleiter in Schweißerei und Stanzerei. 1999 ging Gasgeräte in die erste Insolvenz. „Wir hatten dann eine kleine Abteilung Schaltschrank aufgebaut“, sagt Thümmel. Die ist dann mit ihren knapp 40 verbliebenen Mitarbeitern 2004 von Geyer übernommen worden.
Die Produktion hatten alle Auszubildenden kennengelernt, auch die aus dem kaufmännischen Bereich
Thümmel konnte nun all sein Wissen an die jungen Leute weitergeben. Auch an vier Dualstudenten, die zwei Abschlüsse in der Tasche haben - Konstruktionsmechaniker und Bachelor Maschinenbau. Zwei sind in der Firma geblieben, „sie haben eine verantwortungsvolle Position“, erzählt der Ausbildungsleiter stolz, ebenso, dass von den ehemaligen Auszubildenden auch noch viele da sind - ob in der Montage, Lackiererei oder Kommissionierung.
Die Produktion, die hatten alle jungen Leute kennengelernt, auch die aus dem kaufmännischen Bereich. „Vier Wochen war Voraussetzung“, erzählt er, „damit sie den gesamten Betrieb kennenlernen konnten.“
Geduld, sagt Thümmel, sei gefragt, wenn es um die Ausbildung junger Menschen geht. „Man muss sich in sie hineinversetzen können.“ Doch er hadert damit, mit welchem Wissen junge Leute heutzutage aus der Schule kommen. „Mancher weiß teilweise nicht, was eine Feile ist“, schüttelt er den Kopf. Er selbst war in einer Zeit aufgewachsen, da gab es den Werkunterricht und den Unterricht in der Produktion, „da hatten alle schon Grundlagen mitbekommen“.
Für Frank Thümmel zählt, „es gibt kein Problem, was nicht gelöst werden könnte“
Heute dagegen sei das erste Lehrjahr das Wichtigste, „da müssen sich die jungen Leute finden“, wie er es umschreibt. Eben auch feilen lernen, denn „vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“, wie Thümmel schmunzelt. Doch gepackt hätten es schließlich die allermeisten.
Für ihn zählt, „es gibt kein Problem, was nicht gelöst werden könnte“. Gerne denkt er zurück an das Porsche-Traktoren-Projekt. Mehrere Scheunenfunde - völlig rostig und verdreckt und mit Löchern in den Blechen - wurden restauriert. „Das hat die Auszubildenden zusätzlich motiviert. Sie konnten zeigen, wozu sie Talent haben.“
Freilich, sagt er, als dann auch die Geyer-Gruppe in Zeiten der Finanzkrise 2012 in die Insolvenz gerutscht war, war das eine „schlimme Zeit“, aber an der Ausbildung sei dennoch immer festhalten worden. 2015 dann konnte der Schaltschrankbauer neu durchstarten mit der Übernahme durch die Hennecke-Gruppe. Wohl auch aus Sicht des Betriebsrates sagt er: „Das war das Beste, was uns passieren konnte.“
Die Aufgaben von Frank Thümmel werden künftig auf mehrere Schultern verteilt
Auch wenn Thümmel nun geht, die Lehrausbildung weiß er in guten Händen. Mit Niels Hein, Dorit Hantusch sowie Daniel Ludwig wurde die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt. Elf Auszubildende gibt es gegenwärtig, davon acht im Produktionsbereich.
Zwei haben gerade ihre Ausbildung beendet. Im neuen Lehrjahr werden wieder neue Azubis dazukommen. Und nach wie vor gelte, weiß Thümmel, „wer hier ausgebildet wird, soll hier auch eine Zukunft haben“. (mz)