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Musik Pop-Talent-Förderung beim Kurt-Weill-Fest in Dessau - Lucca und Jules feilen an ihrer Karriere

Die Sängerinnen Lucca aus Köln und Jules aus Mannheim haben vier Wochen in der Dessauer Meisterhaussiedlung gelebt und gearbeitet. Was das für beide bedeutet und wer und was hinter der Förderung der jungen Sängerinnen steckt.

Von Heidi Thiemann 06.03.2024, 18:00

Dessau/MZ. - Im Meisterhaus Schlemmer in der Dessauer Ebertallee wird Musik gemacht. Für vier Wochen ist das Haus, in dem einst Maler, Bildhauer und Bühnenbildner Oscar Schlemmer wohnte, das Zuhause von Jules aka listentojules (Julia Nagele) aus Mannheim und Lucca (Lucca Linke) aus Köln.

„Keine Termine haben, keine Verpflichtungen, seine Gedanken wandern lassen und Melodien darüber legen, ist so befreiend“, sagt Jules. Gleich in der ersten Woche ihres vierwöchigen Aufenthaltes habe sie dieses Gefühl gespürt. Auch Lucca sagt: „Es ist schön so frei zu sein, keinen Wecker stellen zu müssen.“ Nachts zu schreiben sei sozusagen wie „Leuchten im Schatten“. Das ist Thema des diesjährigen Kurt-Weill-Festes und sie findet, man könne da viel hineininterpretieren.

Residenz im Meisterhaus bietet Ruhe, um kreativ zu werden

Ist Leuchten immer positiv und Schatten immer negativ besetzt, fragt sie und verneint es. Wenn man nur im Licht stehe und leuchte, könne man verbrennen. Im Schatten sei man nicht nur versteckt. Im Schatten eines Baumes könne man eine Ruhepause einlegen. „Hier hat man die Ruhe, um kreativ zu werden“, sagt sie zur Residenz in Dessau.

Möglich macht die kreative Schaffenphase die zweite Runde des Pop-Residenz-Programms von Stiftung Bauhaus Dessau, dem Kurt-Weill-Fest und dem Verein Aktion Musik/Local Heroes. Das Programm verstehen die Partner als einen Türöffner für den Nachwuchs.

Aus 70 Bewerbungen haben die der beiden Musikerinnen aus Köln und Mannheim hervorgestochen

Julian Braun aus Köln und Whitepaper aus Karlsruhe waren die Ersten, die 2023 von dem Programm profitierten. Bei der zweiten Runde für 2024 lag die Zahl der Bewerber bei über 70. „Enorm“ findet Katharina Markworth, Geschäftsführerin des Kurt-Weill-Festes. Bundesweit konnten sich junge Musiker bewerben. Sie sollten sich dabei auch mit dem Thema des diesjährigen Festivals auseinandersetzen. „Leuchten im Schatten“ zielt auf Frauen ab, die im Schatten von Männern standen.

War es also klar, dass zwei Frauen für die Residenz ausgewählt werden? Katharina Markworth verneint das. „Es waren keine Männer dabei, die uns überzeugt haben“, sagt sie. Dafür aber stachen Jules und Lucca aus zahlreichen qualitativ hochwertigen Einsendungen heraus.

In der Musikindustrie gibt es keine Geschlechtergerechtigkeit

Frauen standen aber nicht nur damals im Schatten, findet Jules. Geschlechtergerechtigkeit in der Musikindustrie gäbe es bis heute nicht. Festivals wie „Rock im Park“ seien zu 98 Prozent männlich besetzt. Doch nicht nur das ist ein Thema für das sie auch ehrenamtlich brennt, etwa bei „Music Declares Emergency“ und im Committee für Geschlechtergleichstellung in der Musikbranche.

Auch die Umwelt ist ein großes Thema für sie. Weshalb sie die Residenz genutzt hat, um drei Naturgedichte des frühen 20. Jahrhunderts zu vertonen. Zwei, drei alte Songs habe sie umgeschrieben und zweieinhalb neu. „Die letzten vier Jahre hatte ich nicht geschrieben“, sagt sie, denn es fehlte schlicht an Zeit. Die braucht sie hauptsächlich, um sich als Musikerin zu vermarkten.

Auch Lucca ist froh über den Input in Dessau. Drei Songs sind neu oder fertig geschrieben. Die Kölnerin ist nicht nur Musikerin, auch Künstlerin und Illustratorin, hat sich aber in Dessau voll und ganz auf die Musik fokussiert. „Vielleicht werde ich ein paar Kiefern zeichnen“, überlegt sie, denn die habe sie jeden Tag um die Meisterhäuser herum im Blick gehabt. Vielleicht zieren die mal ein Cover einer Bauhaus-Residenz-EP?

Auch Coaching mit Lea Marlen Woitack gehört dazu

Nicht nur die Ruhe im Meisterhaus hat den beiden Frauen gefallen, auch, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte. Sich miteinander auszutauschen, haben sie genossen. Weitergebracht hat die Beiden aber auch das Coaching, das mit der Residenz verbunden ist.

Vier Tage mit Schauspielprofessorin und Schauspielerin Lea Marlen Woitack (bekannt aus Soko München, GZSZ oder Sturm der Liebe) standen mit auf dem Plan. Zuvor schon hatten sie miteinander telefoniert. Themen herausfiltern, die Bühnenpräsenz der Musikerinnen erhöhen, herauszufiltern, wer die Personen sind, die da auf der Bühne stehen, das ist das Anliegen.

Wie das alles aufgegangen und was herausgekommen ist aus den vier Wochen Residenz, das lassen Jules und Lucca am kommenden Sonnabend, 9. März, um 14 Uhr hören im Meisterhaus Maholy-Nagy. Die Karten für das Konzert sind allerdings schon alle ausverkauft, sagt Markworth.