Müll aus Krankenhaus Müll aus Krankenhaus in Dessau: Querelen mit Entsorger - Spritzen landen am Straßenrand

Dessau - Es ist ein wiederkehrendes Ärgernis für Guido Knoche: Alle 14 Tage türmt sich ein großer Müllberg von 40 bis 50 Gelben Säcken in seiner Nachbarschaft. Der Verpackungsmüll stammt aus der Anhaltischen Diakonissenanstalt und wird dort ganz am Rande des Betriebsgeländes an der Oechelhaeuser Straße zur Abholung bereit gelegt. „Seit Sommer vergangenen Jahres geht das schon so“, berichtet Knoche. Davor habe der Entsorger den Müll noch direkt vom Gelände abgeholt.
Werden dort gefährliche Laborabfälle hingelegt?
Das Problem: „Es handelt sich hier um medizinischen Gewerbemüll, darunter auch Laborbehältnisse für Chemikalien“, sagt Knoche, der am Umweltbundesamt (Uba) arbeitet. Auf Fotos sind noch weitere Laborutensilien, auch Spritzen, zu erkennen. Aus Sicht des Uba-Mitarbeiters könnte von den Laborabfällen eine Gefahr etwa für Kinder ausgehen. „Die fahren hier Fahrrad oder Skateboard in der Straße und können ungehindert herankommen an die Säcke.“
Eine Gefahr bestehe nicht, versichert das Dessau-Roßlauer Umweltamt am Dienstag auf MZ-Nachfrage. Es handle sich auch nicht um Gewerbeabfälle, sondern um normalen Verpackungsmüll. Die betroffene Einrichtung sei als Krankenhaus in Sachen Abfallentsorgung den privaten Haushaltungen gleichgestellt.
Umweltsamtsleiter von Dessau-Roßlau beruhigt
„Im Unterschied zum Hausmüll werden hier natürlich keine Joghurtbecher entsorgt“, gibt Umweltamtsleiter Sven Jähnichen zu. Doch auch entleerte Infusionsbeutel, Spritzenkörper (ohne Nadel), Ampullen - sprich: alles, was in einem Krankenhaus zum Einsatz komme - seien eben laut Gesetz Verpackungsabfälle und daher auch durch den zuständigen Systembetreiber zu entsorgen. Voraussetzung: Die Behältnisse müssen restentleert sein, dann gelten sie nicht als gefährlich. Die Bereitstellung an der Straße entspreche der Abfallentsorgungssatzung.
Dass der Müll seit einem Jahr nicht mehr vom Gelände abgeholt wird, hängt laut Stadt mit „erheblichen Problemen“ zwischen Krankenhaus und zuständigem Entsorgungsunternehmen, der Udo Achtert GmbH, zusammen. „Es gab Querelen bei der Abholung, da ist immer viel stehen geblieben“, bestätigt auch Alexander Friebel, Sprecher der Diakonissenanstalt. Man habe eingeschätzt, dass man willkürlich von der Entsorgung ausgeschlossen werden sollte. Der Streit eskaliert. „Wir mussten dem Entsorger zwischenzeitlich Hausverbot erteilen.“
Entsorger Udo Achtert sieht sich für medizinische Verpackungen nicht zuständig
Für Udo Achtert stellt sich die Situation anders dar. „Wir sind nur für haushaltsnahe Verpackungsabfälle zuständig.“ Für medizinische Verpackungen gebe es extra Rücknahmesysteme, so seine Lesart. Immer wieder hätten seine Mitarbeiter außerdem auch OP-Kleidung und ähnliches in den Säcken gefunden. „Sollen das Verpackungen sein?“ Das Hausverbot sei erteilt worden, weil er Fehlbefüllungen angezeigt habe.
Die Diakonissenanstalt rief nach diesem Schritt die Clearingstelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers der Stadt Dessau-Roßlau an. „Um die Entsorgung weiterhin zu gewährleisten, wurde daraufhin die Bereitstellung am Straßenrand angewiesen“, so Friebel.
Achtert hat Fehlwürfe mehrfach beanstandet
Doch auch jetzt läuft die Abholung alles andere als reibungslos. Erst vergangene Woche blieben Säcke liegen - aufgrund „wesentlicher Fehlwürfe“. Die Achtert GmbH hat die Situation am 5. April auf Facebook dokumentiert: „Infusionsflaschen halbvoll, Spritzkörper mit Restinhalt“, ist dort unter anderem zu lesen.
Die Fotos unter dem Achtert-Post lassen allenfalls Tröpfchen in den Behältnissen erkennen. „Restentleert“ bedeutet laut Jähnichen aber lediglich, dass das Behältnis soweit geleert ist, wie es das Gefäß zulässt. „Es können also noch Restpfützen enthalten sein.“
Anwälte sind in dem komplizierten Fall längst eingeschaltet
Weder das Umweltamt noch die Diakonissenanstalt sind mit der aktuellen Situation zufrieden. „Wir haben entschieden, dass die Abholung wieder direkt auf dem Gelände erfolgen soll“, erklärt Friebel. Udo Achtert weiß davon nichts. „Ich fahre da nicht aufs Gelände, ich hole von dort gar nichts mehr ab.“ Er habe bereits eine Rüge von der Sortieranlage in Leipzig erhalten wegen medizinischer Abfälle. „Die Diakonissenanstalt bekommt jetzt Post vom Anwalt.“
(mz)