Litauerprozess in Dessau Litauerprozess in Dessau: Neue Anträge seitens der Verteidigung
DESSAU/MZ/tst - Der skizzierte Zeitplan für die Plädoyers im Litauerprozess ist Makulatur. Sollte die Staatsanwaltschaft bereits am Dienstag mit dem Schlussvortrag beginnen, hegt die Vorsitzende der zweiten großen Strafkammer am Landgericht Dessau jetzt Zweifel, ob es heute dazu kommen wird.
Bleibt es beim Tatvorwurf Mord?
Grund für die Verzögerung sind neue Anträge seitens der Verteidigung. Sie versucht seit Wochen, der Kammer einen Hinweis abzuringen, ob sie am Mordvorwurf gegen die fünf Angeklagten festhält. Nach derzeitigem Stand dürfte davon auszugehen sein. Die Situation ist verfahren – und juristisch reichlich verzwickt. Der Vorwurf Mord aus Habgier wurde erst vom Gericht selbst mit dem Eröffnungsbeschluss ins Spiel gebracht, die Staatsanwaltschaft war von Raub mit Todesfolge ausgegangen. Selbst unter den Juristen im Saal 18 des Landgerichts herrscht Unklarheit, über den weiteren Gang der Dinge.
Während einige sagen, das Gericht müsse einen Hinweis erteilen, wenn es bei der Verurteilung vom Mordvorwurf abrücke und zum Raub mit Todesfolge gelange, sehen das andere nicht so. „Ganz dicke“, so einer der Beteiligten, „wird es, wenn die Kammer zum Mord in Verdeckungsabsicht kommt.“ Der ist nicht von der Klage abgedeckt.
Gemeinhin ist es üblich, dass bei veränderter rechtlicher Einschätzung ein „rechtlicher Hinweis“ nach §265 des Strafgesetzbuches erteilt wird, um ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung zu gewährleisten. Allerdings schreibt das Gesetz nicht vor, wann der Hinweis erteilt werden muss.
Verteidigung legt weiter nach
In dieser Situation legt nun die Verteidigung ständig nach, einzig mit dem Ziel, das Gericht zu einer Äußerung zu bewegen. Nachdem das Gericht einen Zeugen als nicht auffindbar erklärt hatte, holte Verteidiger Christoph Rühlmann zum Gegenschlag aus, verlangte Akteneinsicht und warf zwei Stunden später dem Gericht vor, sich nicht ausgiebig genug darum bemüht zu haben, den Zeugen aufzuspüren.
Nach diesem Vorstoß und weiteren Anträgen forderte Andreas Mosenheuer als Nebenklagevertreter, das Gericht solle Anträge nur noch bis heute zulassen, spätere könnten als Prozessverschleppung gedeutet werden. Rühlmann protestierte: Angesichts der jüngsten Entwicklungen gehe es nicht mehr um drei, vier Prozesstage. „Wir sollten alle unsere Terminkalender zücken und sehen, wie wir in den Sommer und Herbst kommen.“