Letzte Ruhe für Förster sowie «Biber-Maler» Ernst Zehle
KÜHREN/LÖDDERITZ/MZ. - Hier im Wald, unweit des Schmiedesees zwischen Kühren (Anhalt-Bitterfeld) und Lödderitz (Salzlandkreis), sollen sie Wanderer und Radtouristen zu einem historischen Kleinod führen: zum Försterfriedhof.
Lothar Litschke vom Lödderitzer Heimatverein streicht über das Eichenholz und jeden einzeln von Waldarbeiter Frank Thiemann hinein gefrästen Buchstaben. "Schön, dass man den Friedhof jetzt wieder finden kann", sagt der Lödderitzer. Und ist überdies froh, dass sich das Dessauer Betreuungsforstamt des Kleinods angenommen hat. Dass Revierförster Rainer Heide vom Revier Dessau mit seinen Waldarbeitern nunmehr die historische Anlage pflegt, den Rundweg freihält, Sturmholz beseitigt. So viel Aufmerksamkeit nämlich wurde der Anlage nicht immer zuteil.
Gut 200 Jahre ist es jetzt her, erzählt Litschke, da hatte der damalige Oberförster Olberg für die Gemeinde eine Fläche für einen eigenen Kirchhof beantragt. "Bis dahin mussten die Lödderitzer ihre Toten immer in Aken bestatten lassen." Die die ehemals slawische Schmiedeburg wurde deshalb als Begräbnisstätte ausgewählt - "denn der Wall lag vor Hochwasser geschützt". Und wenn die Elbe doch über die Ufer trat, dann erfolgte die Überführung des Verstorbenen und seines Geleits auf Kähnen.
Nur noch Reste vorhanden
Ein Schreiben vom 10. April 1810 gibt es, angefertigt vom Oberförster Olberg "an den Königl. Westphäl. Inspecteur der Gewässer und Forste, Herrn Freyherr von Stolzenburg Hochwohlgeboren", in dem der Gemeinde Lödderitz Dreiviertel Morgen Fläche befürwortet werden. Doch noch, so hat der Lödderitzer Heimatverein in seinen Recherchen in alten Kirchenbüchern herausgefunden, sollten zehn Jahre vergehen, bis der erste Lödderitzer dort beerdigt werden konnte. Und wohl, weil hier auch viele Forstleute und Waldarbeiter ihre letzte Ruhestätte fanden - auch nach 1858, als Lödderitz seinen neuen Friedhof an der Straße nach Kühren erhielt - kam der Friedhof zu seinem Namen: Försterfriedhof.
Nur noch wenige Grabsteine und Reste sind vorhanden, bedauert Litschke den Vandalismus in früherer Zeit. Dass die Königlichen Oberförster Wilhelm Ferdinand Nobiling (1786 - 1822) und J. v. Erdmann (1806 - 1870) sowie die Königlichen Förster Johann Christian Hilger (1780 - 1860) und Carl Theuerkauf (1827 - 1882) hier bestattet wurden, erzählen die Steine noch. Und auch der Grabstein der Gastwirtswitwe Dorothea Müller ist noch vorhanden.
Hamburg - Berlin - Lödderitz
Doch sonst - blickt sich der Lödderitzer um - sind die einstigen Zeugen der Vergangenheit verschwunden. Im 20. Jahrhundert aber wurde der Försterfriedhof noch einmal letzte Ruhestätte zweier Menschen, die eng mit dem Lödderitzer Auwald verbunden waren: Der Bildhauer, Tier- und Landschaftsmaler Ernst Zehle (1876 - 1940) wurde hier beigesetzt, sieben Jahre zuvor bereits seine Frau. "Zehle", schwärmt Lothar Litschke, "war ursprünglich Hamburger und hatte in Berlin-Charlottenburg sein Atelier. Doch Lödderitz wurde für ihn zur zweiten Heimat." 55 Jahre hatte der insbesondere als "Biber-Maler" bekannte Zehle hier verbracht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die 1994 eingerichtete Heimatstube Lödderitz dem Werk Zehles widmet wie auch das Kreismuseum Schönebeck, das einen großen Teil seiner Arbeiten besitzt. Nun ruht der "Biber-Maler" inmitten des Lödderitzer Bibergebiets.
Doch mit der Ruhe war es hier nicht immer weit her. Vor 55 Jahren, weiß Litschke, wurde der Försterfriedhof von Jugendlichen verwüstet. "Grabstellen wurden freigelegt, Grabsteine umgeworfen und verschleppt." Forstarbeiter hatten später die Grabsteine und Reste wieder aufgestellt und nach bestem Wissen angeordnet. "Zwar entsprach das dann nicht mehr dem vorherigen Standort, doch es ergab sich wieder ein schöneres Bild dieses idyllischen Platzes."
Den haben Wanderer längst für sich entdeckt. Nicht zuletzt verlockt das "Blaue Band" (Tourismus-Marketing in Sachsen-Anhalt) Aktivurlauber - Wanderer und Radtouristen - von Breitenhagen (Elbe) oder Großrosenburg (Saale) zu einem Abstecher dorthin. Doch auch Kremserfahrten werden gern zur Burgwall-Anlage mit dem Försterfriedhof unternommen, wird zum Tag des offenen Denkmals gern darauf verwiesen. Und nicht zuletzt finden seit einigen Jahren zu Himmelfahrt hier Gottesdienste statt.
Tafel wird folgen
Doch für Auswärtige ist es nicht eben leicht, das Kleinod im Wald zu finden. Die beiden von Thiemann angefertigten Schilder, ist sich Litschke sicher, werden eine Hilfe bei der Orientierung sein - und lange Wind und Wetter trotzen. Unterhalb der Burgwall-Anlage will der Heimatverein Lödderitz auch wieder eine Tafel aufstellen, die von der Geschichte des Ortes erzählt.