Leben auf dem Campingplatz Leben auf dem Campingplatz: «Hier möchten wir gern alt werden»
Dessau/MZ. - Sonnabend-Nachmittag im Strandbad Adria. Das Wetter ist durchwachsen, leichter Regen wechselt sich mit dichten Wolken ab. Während die Badeanstalt nahezu menschenleer ist, das Wasser fast still steht, dringen nur wenige Meter entfernt Stimmen und Musik aus dem Wald. Der Campingplatz an der "Adria" ist gut gefüllt und voller Leben:
Ganz zu Beginn war es nur ein Baumstumpf, den man zum Tisch umfunktionierte. Dazu ein paar kleinere Stümpfe zum Sitzen drumherum. Irgendwann dann wurde es ein richtiger kleiner Tisch, heute nun ähnelt es eher einer Tafel. In welcher Form auch immer, seit 28 Jahren ist es das Zentrum. Hier trinken sie gemeinsam Kaffee, spielen Karten oder feiern ihre Geburtstage.
Vier Familien aus Dessau, die ihre Zelte und Wohnwagen wie in einem Quadrat rund um den Tisch errichtet haben, eine eigene "Zelle" inmitten des Campingplatzes. Ebenhahns, Böhnischs, Blocks und Frannecks können sich nichts Schöneres vorstellen, als hier zu sein. "Wir vermissen nichts", sagt stellvertretend für alle Brigitte Ebenhahn , "es ist wie ein zweites Zuhause für uns geworden." Alle vier haben sie eine Wohnung in Dessau, das Leben so richtig genießen, sagen sie, können sie aber nur hier. Früher, da durften sie nur zwischen April und Oktober auf den Platz kommen, nach der Wende aber ist ganzjähriges Campen möglich, und wird vom "Quadrat" auch gern genutzt. "Die Hauptzeit ist natürlich in den warmen Monaten", meint Karl Ebenhahn. Doch auch wenn es kälter wird, findet man die Gemeinschaft an der "Adria". Dann wird eben kräftig eingeheizt, wie zu Silvester etwa. "Wir haben ja nun Wasser, Strom und Fernsehen, die Bedingungen sind sehr gut geworden", sagt Inge Block.
Allen gefällt, dass man so nah an Dessau ist, und doch irgendwie weit entfernt. Inge Block muss lachen. "Wenn wir immer erzählen, wir fahren an die Adria, dann denken viele: Mein Gott, ihr habt aber eine weite Anreise."
Sie kannten die Adria schon lange, bevor sie beschlossen hier zu campen. "Mit dem Motorrad", erinnern sich Hans und Ingrid Pietzarka, "sind wir immer zum Baden hergefahren." Dann, 19 Jahre ist es jetzt her, suchten sie einen Dauercampingplatz. Maximal eine Stunde entfernt sollte er von Halle sein, die Wahl fiel nicht schwer.
Sie kommen jedes Wochenende, und schauen dann gen Himmel. "Ist das Wetter schön, bleiben wir auch mal bis Montag oder Dienstag", erzählt Ingrid Pietzarka. Dann hat sie auch mehr Zeit, in ihren Blumen zu "buddeln" und Hans kann sich nach Pilzen im nahe gelegenen Wald umschauen. "Am Schönsten aber ist, wenn Sie hier frühstücken, und rundherum zwitschert es", sagt Ingrid und ihre Augen leuchten, "hier möchten wir gern alt werden."
Eigentlich ist Jürgen Kühne ja der Leiter des Strandbades "Adria", und seine Frau Karin zuständig für den Campingplatz. Doch wo soll er schon seine Freizeit verbringen, wenn er selbst im Bad wohnt? Wie beides trennen? "Ich glaube, das Besondere an diesem Platz hier ist das Familiäre und die wunderschöne Lage", meint Kühne. Die Faszination am Camping glaubt er erkundet zu haben: "Die Menschen können hier ihren Tag selbst gestalten, stecken in keinem Rahmen wie vielleicht in einem Hotel. Sie möchten ein wenig freies Leben, und das bekommen sie hier."
Seit 1976 ist Kühne nun an diesem Ort, auch für die Zukunft hat er Pläne. "Wir müssen sicher noch mehr für die Tourismus-Camper tun, die die Region erkunden wollen. Und natürlich auch den Trend zum Wohnmobil beachten." Kapazitäts- und weitere Niveauverbesserung sind die Ziele. Und natürlich Veranstaltungen für die vielen Kinder anbieten. Auch Jürgen Kühnes Kinder campen manchmal hier.
Nur vier Zelte stehen im Tagescamper-Bereich. Vor einem sitzen die Deutsche Susanne Gast und ihr holländischer Lebensgefährte.
GEKÜRZTER TEXT
Die vollständige Fassung lesen Sie bitte in der Regionalausgabe der MZ am 08. Juli 2002