Junger Filmer dreht in Kaliningrad
Halle/MZ. - drei Monate im russischen Kaliningrad gearbeitet. Fertig geworden ist er mit seinem Projekt allerdings nicht. "Ab August bin ich wieder dort. Ich habe schon eine Wohnung gemietet", so Gieseler im Gespräch mit der MZ kurz vor seiner Abreise. Für seinen Aufenthalt hofft er auf eine erneute Unterstützung durch die Kunststiftung.
Dass die drei Monate ihm nicht ausgereicht haben, hängt unter anderem mit seiner Arbeitsweise zusammen. Der junge Mann geht nämlich nicht mit einem fertigen Konzept im Kopf ans Werk, sondern tastet sich langsam an seine Themen und Objekte heran. "Erst mal hinfahren und gucken" - so lautet sein einfaches Prinzip. Ein Prinzip, das sich aber durchaus bewährt hat: Einige seiner Filme haben Preise gewonnen und sind erfolgreich auf Festivals und sogar im Fernsehen gelaufen. Gedreht hat Gieseler unter anderem in Indien, Afghanistan und den USA, aber auch - zum Thema "Schrumpfende Städte" - in Ostdeutschland.
Nach Kaliningrad fuhr Gieseler mit einem Kleintransporter - "weil ich meine komplette Ausrüstung mitnehmen wollte". Eine Entscheidung, die dramatische Folgen für ihn haben sollte. Denn als Gieseler eines Nachts zum Filmen unterwegs war, stiegen Einbrecher über den Balkon in seine Wohnung ein und stahlen seinen Computer, einen Fotoapparat und Geld. "Auf dem Rechner war die Arbeit von drei Monaten gespeichert", so Gieseler. Ein Nachbar habe die Einbrecher noch bemerkt und einen der Täter festgehalten. "Den Fotoapparat habe ich zurück bekommen, der Computer blieb aber weg."
Trotz dieses Missgeschicks setzte der Filmemacher seine Arbeit fort. Große Unterstützung vor Ort leistete das Nationale Zentrum für Gegenwartskunst, das ihm unter anderem einen Platz im Büro einrichtete sowie Kontakte und Gesprächspartner vermittelte. Auf der Internetseite des Zentrums (siehe Link) findet sich auch ein kurzer Bericht zu Gieselers Aufenthalt.
Getreu seinem Motto "erst mal gucken" lief er zunächst lange durch die Stadt, fuhr mit dem Auto in die Umgebung und fotografierte viel. Dabei kristallisierten sich markante Punkte heraus, wie zum Beispiel das "Haus der Räte" - ein gewaltiger Bau, der aber nie fertig geworden ist und seit Ende der Sowjetzeit als leere Hülle im Stadtzentrum steht. "Mit einem der Erbauer bin ich da drin gewesen", sagt Gieseler. Ein beeindruckendes Erlebnis, das freilich erst nach zäher Vorbereitung zustande kam - in diesem Fall dauerte es einen Monat von der Idee bis zur Umsetzung.
Sein Film-Thema fand Gieseler schließlich, als er einen deutschen Architekten namens Markus Podehl kennenlernte, der seit einem Jahr an einer Promotion über Sowjet-Bauten in Kaliningrad arbeitet. "Wir haben gemeinsam Leute interviewt, zum Beispiel Architekten oder Stadtplaner von damals." Dies wollen die beiden ab August fortsetzen. Gieseler profitiert dabei nicht nur vom Fachwissen des Architekten, sondern auch von dessen Sprachkenntnissen. "Ich habe gerade erst mit einem Russisch-Kurs angefangen. Viele sprechen dort nämlich kein Englisch."