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Jubiläum in Dessau Jubiläum in Dessau: Ein Dialogsuchender

Von Carla Hanus 16.04.2014, 10:45
Propst Gerhard Nachtwei mit einer Innenansicht der Kirche St. Peter und Paul in Dessau.
Propst Gerhard Nachtwei mit einer Innenansicht der Kirche St. Peter und Paul in Dessau. Archiv Lizenz

Dessau/MZ - Seinen runden Geburtstag feiern, das wollte Propst Gerhard Nachtwei eigentlich nicht. Nicht weil er mit seinem Alter hadern und ihm die 70 irgendwie Probleme bereiten würde, sondern weil er es nicht mag, wenn seine Person in den Mittelpunkt gerückt wird. Dass er trotzdem nicht ganz drumherum komme, hat ihn sein Umfeld überzeugt. Und so soll es nicht an seinem heutigen Geburtstag, sondern am Ostermontag ein kleines Fest der Begegnung geben, bei dem der 70. Geburtstag von Nachtwei und der 75. Geburtstag des Maristenbruders Herbert Kuehner gefeiert werden.

Auf diese Begegnungen freut sich Nachtwei, denn die Gemeinschaft ist dem Katholiken schon immer wichtig gewesen. Es geht ihm um den Dialog mit den Menschen. Und natürlich um den Dialog in der Kirche, mit der Kirche, über Gott und mit Gott. Für Nachtwei persönlich gehört das alles zusammen, dennoch oder gerade deshalb akzeptiert er aber auch andere Ansichten. „Ich habe eine bestimmte Sicht, aber ich muss offen sein auf das Ganze hin“, sagt Nachtwei und spricht nicht nur von sich, sondern bezeichnet dies als Anspruch für die Beziehungen der Menschen. Dialogisches Denken ist vielleicht eine Überschrift dafür oder Der Mensch werde Mensch durch Begegnung. Nur dadurch könnten Mauern zwischen den Menschen abgebaut werden. Wenn andere Weltbilder aufeinander treffen, dann sollte sich der eine wie der andere anfragen lassen zu seiner Sicht. „Die Entdeckung, dass Leben immer Beziehung ist, hat meine Theologie und Pastoral geprägt“, betont der Propst.

Nachtwei, der 1944 in Bitterfeld geboren und in Greppin aufgewachsen ist , stammt aus einer katholisch geprägten Familie. Dies wohl - der Staatssicherheitsdienst hat das Elternhaus als politisch unzuverlässig bezeichnet - und seine Meinung zu Stalin und Ulbricht und den gesellschaftlichen Entwicklungen in der DDR überhaupt führen dazu, dass er nicht zur Oberschule darf. Im kirchlichen Internat macht er sein Abitur, in Erfurt studiert er, um dann noch einmal ein Jahr eine Auszeit vom kirchlichen Werdegang zu nehmen und in den Gleisbau zu gehen. In Huysburg setzt er seine pastorale Ausbildung fort, Gemeinden, in denen er dann tätig ist, sind unter anderem Zeitz, Eilenburg und von 1979 bis 1983 schon einmal Dessau, wo er sich in der Gemeinde erfolgreich um die Jugendarbeit kümmert, bevor er einen Lehrauftrag am Priesterseminar übernimmt und später Leiter des Seelsorgeamtes in Magdeburg ist. Erwähnt sei auch seine Dissertation. Sein Promotionsthema „Dialogische Unsterblichkeit. Eine Untersuchung zu Joseph Ratzingers Eschatologie und Theologie“. 2001 kehrt Nachtwei - nach vier Jahren Gemeindepfarrer in Burg nach Dessau zurück.

Hier nun ist er in der Pfarrei, die über Jahre in eine neue Struktur wächst, wie in der Stadt und da in verschiedenen Gremien tätig. Ob als Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt oder am Runden Tisch der Religionen, ob als Rotarier oder als Propst in den verschiedenen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft.

Nachtwei sucht weit über die kirchlichen Grenzen hinaus den Dialog. Um seinem Zuhörer einen Witz zu erzählen oder einen solchen zu hören ebenso wie um mit den Menschen guten Willens, dafür einzutreten, dass nicht die bösen und schlechten Dinge überhand nehmen. „Es gibt nicht den idealen Menschen“, sagt er. Aber er ist auch davon überzeugt, dass Menschen über die Herzen geformt werden können. Das Bild vom „hörenden Herzen“ sagt ihm zu, das Lied „Sind so kleine Hände“ berührt ihn.

Da sind dann aber auch die Kontakte zu Russland und Litauen, da sind enge Freundschaften und dringend benötigte Hilfstransporte. Da ist aber auch der Umbau der Kindertagesstätte, für die nach drei Jahren intensiver Bemühungen nun endlich der Zuwendungsbescheid gekommen ist, was den Propst zu dem Resümee kommen lässt, dass er die ganzen Jahre über immer auch irgendwas mit Bau zu tun hat. Oder die Sorgen, die mit dem Hochwasser 2013 nach 2002 auf einmal wiederkommen, vor allem im Akener Raum.

Da blickt er schon mal auf sich und stellt mit einem Lachen in den Augen fest: „Ich bin immer viele.“ Um zu erzählen, dass er mit Ernst Thälmann, mit Ratzinger und mit Charly Chaplin Geburtstag habe. Wozu ein Bekannter ihm mal gesagt habe, dass er - Nachtwei - von jedem etwas habe. Was Nachtwei erst erboste, aber was er inzwischen lachend akzeptiert.

Mit dem Satz „Ich bin immer viele“ aber, ist es ihm ganz anders ernst: „Bei allen Dingen machen immer viele mit.“ Deshalb wolle er zu seinem Geburtstag nicht sich im Mittelpunkt sehen, sondern stattdessen mit dem Fest der Begegnung allen Freunden und Weggefährten danken.