1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Hilfe rund um die Uhr: Hilfe rund um die Uhr: Tierheim Dessau päppelt verwaiste Katzenbabys auf

EIL

Hilfe rund um die Uhr Hilfe rund um die Uhr: Tierheim Dessau päppelt verwaiste Katzenbabys auf

Von Annette Gens 20.05.2019, 06:37
Ungefähr vier Wochen alt sind inzwischen die drei Kätzchen, um die sich Dagmar Günzel rund um die Uhr kümmert.
Ungefähr vier Wochen alt sind inzwischen die drei Kätzchen, um die sich Dagmar Günzel rund um die Uhr kümmert. Thomas Ruttke

Dessau - Sie sind über den Berg: An diesem Vormittag erobern Amelie, Annette und Alex ihr Zimmer im Tierheim. Die beiden Tigerkätzchen versuchen eine kleine Rutschbahn zu erklimmen.

Dafür zücken sie ihre kleinen scharfen Krallen und versuchen sich auf der glatten Bahn festzuhaken, was misslingt und trotzdem immer wieder probiert wird. Währenddessen liegt das dritte Geschwisterchen in den Federn und ruht sich aus. Der Alltag von Amelie, Annette und Alex ist mal verschlafen und mal abenteuerlich. Die Drei sind der erste Wurf verwaister Kätzchen, die in diesem Jahr im Dessauer Tierheim von Hand aufgezogen werden müssen.

Drei Katzenbabys waren vor 14 Tagen eher tot als lebendig

Inzwischen sind sie putzmunter. Dabei sah es vor 14 Tagen für die drei Kitten, derzeit Schützlinge von Tierheim-Mitarbeiterin Dagmar Günzel, anfangs gar nicht gut aus. „Sie waren dem Tode näher als dem Leben“, schildert Günzel. Katzenschnupfen plagte die etwa 14 Tage alten Babys. Eines der Kätzchen verlor deswegen ein Auge. An ihren Aftern fanden sich bereits Fliegeneier.

„Ein Zeichen, dass die Katzenmutter schon länger abwesend gewesen sein muss“, erklärt Günzel. Das Trio wurde in der Kleingartensparte Erbring im Dessauer Norden gefunden. Trotz Nachsuche konnte das Muttertier nicht gefunden werden. Nicht ausgeschlossen ist, dass ihr etwas zugestoßen ist.

Katzenbabys erhalten alle zwei Stunden Milch per Fläschchen

In solchen Fällen sind die Tierheimmitarbeiter - an vorderster Front Günzel, Leiterin der dortigen Quarantänestation, gefordert. Anfangs erhalten die Babys alle zwei Stunden rund um die Uhr Fläschchen mit Milch. Die Zöglinge packt sich Günzel nach ihrer Arbeit auf der Quarantänestation ins Körbchen, um sich im heimischen Aken weiter zu kümmern. Der Job ist anstrengend, „aber ich mache ihn auch gerne“, meint die 57-Jährige, die sich seit der Wende am Rande von Dessau-Nord um tierische Bewohner kümmert.

Für die Kätzchen ist sie die „Mutter auf Zeit“, die an alles denken muss: Füttern, Bauchgraulen, damit die Verdauung der Drei in Gang kommt. Kot entfernen, kämmen, putzen, Medizin verabreichen, und die Kleinen nach und nach an feste Nahrung und auch ans Katzenklo heranführen.

Dabei ist der A-Wurf verwaister Kätzchen nicht die Hauptarbeit der 57-jährigen Akenerin. Auf der Quarantänestation gibt es viele weitere Tiere - vor allem Hunde und Katzen. Dagmar Günzel ist die erste, die im Tierheim mit den Neuankömmlingen Bekanntschaft macht und sie dort - manchmal über Wochen - pflegt. Sie sieht entlaufene, ausgesetzte, misshandelte manchmal auch aus Flüssen gerettete Tiere.

Für manche kommt die Hilfe zu spät. Für die Mehrzahl versuchen die Mitarbeiter vor Ort gemeinsam mit einem Tierarzt, sie wieder auf die Beine zu bringen. Die Pflege erfolgt meist in Quarantäne, wie jetzt zum Beispiel auch für Amelie, Annette und Alex, die immer noch Medikamente bekommen und mit dem fast überwundenen Katzenschnupfen nicht andere Artgenossen anstecken sollen.

Immer im Mai beginnt die Saison mit dem Katzen aufpäppeln. Der Tierschutzverein Dessau und Umgebung versucht zwar in jedem Jahr freilebende und herrenlose Katzen zu sterilisieren. Aber nicht nur Günzel geht davon aus, dass die Drei nicht die einzigen Katzenbabys bleiben werden, die Pflege benötigen.

Tierhalter denken öfter über Kastration nach

Es hat sich auch im Bewusstsein der Dessau-Roßlauer schon viel getan, so dass Tierhalter schon öfter über Kastration nachdenken, meint Günzel. „Aber es gibt trotzdem noch zu viele, die Kastration unterlassen“, bedauert Günzel. Die Folgen spürt man im Tierheim. So wurden beispielsweise 2017 im Heim 90 Kitten großgezogen. Auch 2018 wurde der halb verwilderte Katzennachwuchs, der teilweise unter Katzenschnupfen und Parasiten litt, rund um die Uhr aufgepäppelt. 71 Kitten waren zu betreuen.

Dagmar Günzel kam 1990 eher zufällig zu einem Job im Tierheim. Zunächst half die damals arbeitslose Akenerin ehrenamtlich aus. Später bekam sie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, noch später eine Anstellung. Ihre Arbeit macht sie mit Freude, auch wenn es manchmal deprimierend sei, wie Menschen ihre tierischen Artgenossen behandeln. (mz)