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Haftpflichtversicherung für Hebammen Haftpflichtversicherung für Hebammen: Aus für den Traumberuf?

Von Heidi Thiemann 02.03.2014, 20:23
Janet Barthel (l.) weiß die Hilfe von Hebamme Dorothee de Rosa (r.) und Doreen Dommert zu schätzen, die sich liebevoll um Lara Melina (sechs Monate) kümmern. Doch de Rosas Existenz als freie Hebamme ist bedroht.
Janet Barthel (l.) weiß die Hilfe von Hebamme Dorothee de Rosa (r.) und Doreen Dommert zu schätzen, die sich liebevoll um Lara Melina (sechs Monate) kümmern. Doch de Rosas Existenz als freie Hebamme ist bedroht. Lutz Sebastian Lizenz

Rosslau/MZ - „Ich weiß nicht, was geworden wäre, wenn Doro nicht dagewesen wäre.“ Janet Barthel hält ihre kleine Tochter Lara Melina in den Armen. Sechs Monate alt ist die Kleine, doch Doro - Hebamme Dorothee de Rosa - kennt Lara schon „seit ich in der zehnten Schwangerschaftswoche war“, erzählt Janet Barthel.

Komplettpaket einer Rundumversorgung

Zur Hebamme ist sie gekommen, „weil es mir nicht gut ging. Ich kann doch nicht jeden zweiten Tag zum Arzt laufen, weil mir schlecht ist“, meint die junge Frau. Vorsorge, Geburt, Wochenbett, Stillzeit - für alle Probleme ist de Rosa ihre Ansprechpartnerin. Dass dies für Schwangere und junge Mütter aber ab Juli 2015 nicht mehr der Fall sein könnte, macht Janet Barthel wütend. „Das“, sagt sie, „ist eine Katastrophe.“ Denn das Komplettpaket einer Rundumversorgung, wie sie es genießen kann, sei für die Frauen und ihre Familien unentbehrlich.

Dorothee de Rosa ist eine von drei freiberuflichen Hebammen in Dessau-Roßlau. Und steht wie geschätzt 3 500 Berufskolleginnen in Deutschland vor einem Versicherungsproblem: Schon jetzt muss sie für die Berufshaftpflicht rund 5 000 Euro im Jahr aufbringen. Doch weil die Nürnberger Versicherung ab Juli 2015 aus dem Versicherungskonsortium aussteigen wird, „bin ich ab dann nicht mehr versichert“, erzählt die 40-Jährige. „Ich wäre dann arbeitslos.“ Und die Frauen, die zu ihr kommen, hätten keine Ansprechpartnerin mehr.

Seit zehn Jahren selbstständig

Vor zehn Jahren hatte sich Dorothee de Rosa in Roßlau selbstständig gemacht. Hebamme, das ist ihr Traumberuf. „Hebamme, das wollte ich schon mit Elf werden.“ Nach der Schule bewarb sie sich um die Ausbildung. Zwei von 600 Bewerbern wurden genommen, de Rosa war eine. In Merseburg an der Fachhochschule hatte sie gelernt, war in verschiedenen Krankenhäusern tätig. Und schließlich hatte sich die Mutter zweier Kinder im Geburtshaus der Hebammen-Praxis Constanze Schnabel in Halle fit gemacht für die Hausgeburtshilfe. Am 1. April vor zehn Jahren eröffnete sie ihre Hebammenpraxis in der Roßlauer Luchstraße.

Wenn sie über ihren Beruf erzählt, der Berufung ist, dann leuchten de Rosas Augen. Praktisch 24 Stunden am Tag ist sie für die Schwangeren und jungen Mütter da. Und da sie eine der wenigen Hebammen ist, die Hausgeburten begleiten, kommen die Frauen aus einem gut 75 Kilometer weiten Umkreis zu ihr.

Eine Hausgeburt um jeden Preis lehnt de Rosa ab. „Die Sicherheit für Mutter und Kind gehen vor, man muss das Risiko abschätzen.“ Bei Janet Barthel aber blieb keine andere Möglichkeit mehr. „Um Sechs habe ich Doro angerufen, Viertelacht war Lara Melina schon auf der Welt“, erzählt die Mutter, die wie ihr Mann, ihr sechsjähriger Sohn und auch ihre Hebamme überrascht wurden, wie schnell die Kleine auf die Welt wollte. „Die Hausgeburt war ungeplant. Doch bei Doro habe ich mich sicher gefühlt“, erzählt Janet Barthel. Eigentlich hätte sie im Zerbster Krankenhaus entbilden wollen, wo de Rosa seit 2005 als Beleghebamme arbeitet.

Wie weiter ohne Versicherung?

Doch ohne Versicherung, wie soll das künftig gehen, fragt sich auch Doreen Dommert. Sie betreut die Krabbelgruppe, bietet Babymassagen an und geht de Rosa bei vielen Sachen zur Hand. Etwa nach Geburten im Klinikum macht sie sauber, während die Hebamme die Dokumentationen schreibt. Und Doreen Dommert weiß, viele Schwangere und junge Mütter wissen nichts von den Problemen und dem drohenden Ungemach, weshalb sie die Frauen anspricht, im Internet bei Facebook über aktuelle Entwicklungen berichtet und aufmerksam macht auf die Situation der Hebammen in Deutschland.

Doch werden freie Hebammen überhaupt noch gebraucht oder könnten nicht einfach Krankenhäuser und Ärzte deren Aufgaben übernehmen? De Rosa schüttelt den Kopf. „Ich denke, Ärzte wissen vielfach nicht, wie viel wir ihnen abnehmen.“ Wichtig für sie ist, dass Frauen sich entscheiden können, wo sie gebären möchten. „Wenn sie entscheiden können, dann sind sie auch mit ihrer Geburt zufrieden“, weiß sie. Auch für Janet Barthel stellt sich die Frage nicht, ob es solcher Frauen wie de Rosa bedarf. „Sie kümmert sich so viel um die Frauen, jederzeit kann ich sie um Rat fragen, sie ist praktisch Teil der Familie.“ Vor Barthels Schwangerschaft hatten sich die Frauen noch nicht gekannt.

Dorothee de Rosa will auch weiter in ihrem Traumberuf arbeiten. Für das Haftpflichtproblem, so hofft sie, müsse es doch eine Lösung geben. „Ich kann doch nicht zu einer Schwangeren sagen, ich entbinde dich nicht, weil mir das zu gefährlich ist.“ Wozu, wenn nicht zu helfen, ist sie denn Hebamme geworden?

Informationen über Dorothee de Rosa unter www.hebamme-derosa.de.