Guerilla-Gärtner in Dessau Guerilla-Gärtner in Dessau-Roßlau: Hobbygärtner pflegt Grün in Tornauer Straße

Dessau - Herbert Michaelis ist ein besonderer Gärtner und das mit Leidenschaft. Öffentliche Plätze nutzt er, um sie zu verschönern. Einfach so, weil er dazu Lust hat. „Letztens habe ich in einer Zeitschrift etwas zum Guerilla-Gardening gelesen“, erzählt der 84-Jährige lachend.
Dessauer pflegt Pflanzen, die sonst keiner beachtet
Allerdings ist er dem Trend schon lange voraus, er pflegt und hegt die Grünflächen in seiner Nachbarschaft seit über 25 Jahren, pflanzt Bäume an öffentlichen Stellen. Herbert Michaelis nimmt sich Zeit für jene Pflanzen, die sonst keiner beachtet: an der Bushaltestelle, zwischen Gehweg und Straße sowie im Hinterhof.
Der Rentner lebt in der Tornauer Straße in Dessau. Angefangen hat alles im Jahr 1980, als die Wohnblöcke in der Straße gebaut wurden. Herbert Michaelis zog in einer dieser Wohnungen und lebt dort bis heute.
Eigentlich ist die ganze Sache aus einem Zufall entstanden. „Eine Nachbarin fragte mich damals, ob ich nicht auch ihren Garten mit pflege“ und so hat Herbert Michaelis für einen kleinen Obolus von der Wohnungsgenossenschaft zwei Vorgärten gehegt und gepflegt. Nach der Wende bekam der gelernte Chemie-Meister kein Geld mehr dafür, machte die Arbeit aber dennoch weiter.
Weil die Stadt nicht kann, pflanzt Michaelis die Bäume selbst
Gegenüber von seinem Wohnhaus sollten in den 1990er Jahren Bäume gepflanzt werden. Damals gehörte die Fläche der Stadt, heute der Wohnungsgenossenschaft. Jedoch kam es nie zur Bepflanzung, bis Herbert Michaelis das selbst in die Hand nahm, zum Grünflächenamt ging und noch mal nachhakte: „Da bekam ich dann zu hören: ’Herr Michaelis, wir haben doch keine Zeit’ - dann habe ich gefragt, ob sie denn die Bäume haben“.
So pflanzte der Dessauer die Linden und Platanen selbst. Mit Liebe und Fürsorge hievte Herbert Michaelis damals jeden Tag fünf Liter Wasser aus dem Keller in den Hinterhof. Der letzte Baum in der Reihe macht ihm allerdings bis heute Sorgen: „Ich schätze, dass der Untergrund nicht gut ist und deswegen der Baum schwächelt.“ Ein Unwetter zog vor einigen Jahren den Baum durch abgebrochene Äste letztendlich noch mehr in Mitleidenschaft. Um das Gewächs zu retten, fragte er wieder beim Amt nach, allerdings bekam er diesmal keine Hilfe. Also ging Herbert Michaelis in den Baumarkt und kaufte Baumwachs.
Diese Flächen blühen dank Herbert Michaelis noch auf
Auch die städtische Fläche rund um die Bushaltestelle an der Tornauer Straße, Ecke Pollingpark pflegt der leidenschaftliche Gärtner. Da, wo einst eine Kastanie stand, die nicht lange lebte, steht nun ein neues kleines Bäumchen: eine Hainbuche. Keine zwei Meter daneben hat der Dessauer eine Eibe gepflanzt. „Eigentlich müssten mal die anderen Bäume hier ausgelichtet werden“, erzählt Michaelis. Aber leider passiere da nichts. Der Rasen um die Bäume und Sträucher an der Bushaltestelle werde nicht so oft gemäht, also mache er das auch noch bei Bedarf.
Im Hinterhof des Wohnkomplexes, in dem Herbert Michaelis und seine Lebensgefährtin wohnen, steht sein besonderes Schätzchen: eine Rotbuche, umringt von Sonnenblumen und Tomatenpflanzen. Die Wohnungsgenossenschaft pflanzte voriges Jahr mehrere Bäume in einer Reihe auf der Grünfläche. Allerdings überließ sie danach die Pflege dem Schicksal. Jenem Baum vor seinem Wohnzimmer nahm sich der Rentner besonders an. Heute gedeiht und steht die Buche dank seiner Pflege. „Ich möchte, dass es hier schön aussieht“, begründet der 84-Jährige sein Tun.
Ach ja, Unkraut zupft der Dessauer Hobby-Gärtner auch. Sobald die Straßenränder davon übersät sind, setzt er sich auf den Bordstein und entfernt das Grün. So viel Herz für so viel Grün. (mz)