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Gruft der Schlosskirche Gruft der Schlosskirche Dessau: Zehn weitere Mitglieder des anhaltischen Herzoghauses

Von Heidi Thiemann 10.11.2019, 17:18
Gedenkstunde anlässlich der Wiederbeisetzung von Mitgliedern des anhaltischen Herzoghauses in der Marienkirche
Gedenkstunde anlässlich der Wiederbeisetzung von Mitgliedern des anhaltischen Herzoghauses in der Marienkirche Thomas Ruttke

Dessau - Ein Kreis hat sich geschlossen. Nach langer Zeit haben zehn Mitglieder des anhaltischen Herzoghauses ihre letzte Ruhe in der Gruft der Dessauer Schloss- und Stadtkirche St. Marien gefunden. Die Wiederbeisetzung wurde am Sonntag mit einer feierlichen Gedenkstunde und anschließendem Gottesdienst gewürdigt.

Wunden heilen

„Wir können ein trauriges Kapitel der Nachkriegsgeschichte schließen“, sagte Oberbürgermeister Peter Kuras und betonte, dass der Gedenkakt „für die Stadt und das Land sehr wichtig ist“. Denn eine Wunde soll geheilt werden, die seit Jahrzehnten zwischen dem Haus Anhalt sowie Land und Stadt bestand. Vor den Gästen der Feierstunde - darunter Ministerpräsident Reiner Haseloff, Eduard Prinz von Anhalt mit Familie, viele Hoheiten, Vertreter des Askanischen Hausordens und zahlreiche Vertreter aus der Politik, von Institutionen und der Kirche - erinnerte das Stadtoberhaupt an die starke Zerstörung Dessaus am 7. März 1945.

Die Dessauer Schlosskirche St.Marien war früher die Begräbnisstätte der Mitglieder des anhaltischen Herzoghauses. Als der Platz in den Grüften nicht mehr ausreichte, wurde der Bau eines Mausoleums veranlasst. Dieses wurde zwischen 1894 und 1898 errichtet. Insgesamt zehn Mitglieder des Hauses Anhalt fanden dort ihre letzte Ruhe. Im Juni 1958 wurden sie auf den Ziebigker Friedhof umgebettet. Nunmehr ruhen sie in der Marienkirche.

Dabei handelt es sich um folgende Mitglieder des Herzoghauses:

Herzog Leopold Friedrich I. Franz Nicolaus von Anhalt (29.04.1831 - 24.01.1904)

Herzogin Antoinette Charlotte Marie Josephine Karoline, Frieda von Anhalt, geb. Prinzessin von Sachsen-Altenburg (17.04.1855 - 13.10.1908)

Erbprinz Leopold Friedrich Franz Ernst von Anhalt Dessau (18.07. 1855 - 02.02.1886)

Herzog Leopold Friedrich II. Eduard Karl Alexander von Anhalt (19.08.1856 - 21.04.1918)

Herzogin Sophie Marie Luise Amelie Josephine von Anhalt, Prinzessin von Baden (26.07.1865 - 29.11.1939)

Herzog Eduard Georg Wilhelm Maximilian von Anhalt (18.04.1861 - 13.09.1918)

Prinzessin Friederike Margarethe Antoinette Marie Auguste Agnes Therese Elisabeth von Anhalt (11.01.1896 -18.11 1896)

Prinz Leopold Friedrich Moritz Ernst Konstantin Aribert Eduard von Anhalt (10.02.1897 - 26.12. 1898)

Prinz Wolfgang Albrecht Moritz Friedrich Wilhelm Ernst von Anhalt (12.07.1912 - 10.04.1936)

Prinzregent Aribert Joseph Alexander von Anhalt (18.06.1864 - 24.12.1933)

Getroffen waren auch die Marienkirche und das Mausoleum, in denen die Gebeine der Fürsten- und Herzogsfamilie aufbewahrt waren. In einem Akt von Verwahrlosung, ideologischer Verblendung und möglicherweise auch Habgier, wurden die Särge schändlich geplündert, die sterblichen Überreste teilweise verstreut. 1958 erfolgte auf Initiative der Evangelischen Landeskirche Anhalts die Umbettung der Särge aus dem Mausoleum auf dem Friedhof Ziebigk - doch nichts deutete auf der schmucklosen Anlage auf die herzogliche Familie hin. Zehn Jahre später wurden die sterblichen Überreste der Toten aus der verfallenen Marienkirche auf dem Historischen Friedhof I in die Berenhorst-Gruft überführt.

Seit 2014 ruhen die Mitglieder, die einst in der Marienkirche ihre letzte Ruhe fanden, wieder dort in der Gruft; seit Sonntag nun auch die Gebeine der zehn Toten vom Ziebigker Friedhof. Diese Entscheidung, erinnerte Kuras, ist das Ergebnis vieler Gespräche und eine Lösung, die dem Haus Anhalt Würde, Anstand und Respekt entgegenbringt. Denn die Entwicklung der Region, erinnerte Kuras, ist eng mit der Vita des Herzoghauses Anhalt-Dessau verbunden.

Bedeutung für Bundesland

Das betonte auch Ministerpräsident Reiner Haseloff in seinem Geleit. Acht Jahrhunderte der Geschichte Mitteldeutschlands sind durch das Haus Askanien geprägt worden. 1918, mit der Abdankung des Herzoghauses sollte das in Vergessenheit geraten. „Gut, dass wir uns der dynastischen Geschichte erinnern“, sagte Haseloff und verwies, dass das Bundesland nicht umsonst Anhalt im Landesnamen trage.

Stellvertretend für ihren Vater Eduard Prinz von Anhalt dankten seine drei Töchter allen, die die Wiederbeisetzung ermöglicht haben. „Jetzt können wir uns der Zukunft widmen“, sagte Julia Katharina von Anhalt und dass ihr Vater immer für seine Ahnen gekämpft habe. In Eilika Nicoles Gedächtnis hatte sich eine Episode vor 30 Jahren nach dem Mauerfall gebrannt, als sie als Achtjährige mit ihrem Papi vor dem Mausoleum in Dessau stand. Dass ihre Vorfahren dort nicht mehr lagen, hatte sie „irritiert und erschrocken“. Heute ist sie für die in der Marienkirche gefundene Lösung dankbar. (mz)

In der Gruft der Marienkirche haben zehn weitere Mitglieder des Herzoghauses Anhalt ihre letzte Ruhestätte gefunden.
In der Gruft der Marienkirche haben zehn weitere Mitglieder des Herzoghauses Anhalt ihre letzte Ruhestätte gefunden.
 Fotos (2): Thomas Ruttke
Die drei Töchter und zwei Enkel von Eduard Prinz von Anhalt
Die drei Töchter und zwei Enkel von Eduard Prinz von Anhalt
Thomas Ruttke