Fortsetzung Fortsetzung: Herzschlag-Finale im Haus «Kreuzer»
Dessau MZ. - Was den Reiz dieses Wettbewerbs ausmacht, wurde beim anschließenden Auftritt der Magdeburger Band "Jerome" deutlich. Nach dem Hardcore-Gewitter der vier Zschornewitzer stand jetzt eine Gruppe auf der Bühne, die sich mit der Einordnung ihres Song-Materials selbst schwer tut. Gewonnen hatten sie die Kategorie Rock, aber es sei schon "Indie mit Rockeinflüssen", meinte Sänger Stefan. Nichts desto trotz vermochten "Jerome", die erst seit Mitte vergangenen Jahres zusammen spielen, das Publikum schnell auf ihre Seite zu ziehen. Unverkennbar die Nähe zu Pearl Jam, ausufernde Songstrukturen mit einzelnen Balladen, in die "Jerome" jede Menge Herzblut packen. Kontrastprogramm pur.
Was die Dessauer Hip-Hop Gemeinde auf die Beine zu stellen vermag, zeigten danach die "Dessperados", leider nicht in voller Mannschaftsstärke. Denn ohne ihren etatmäßigen DJ an den Turntables wirkten die Gewinner des stark besetzten Vorausscheids erstaunlich matt und kraftlos. Zwar wurde wie in bester deutschsprachiger Fünfsternefantablumentopf-Manier das Haus gerappt und Hände in die Höh'', aber so recht wollte der Funke diesmal nicht überspringen. Daran konnte auch der außergewöhnlich gut agierende Live-Schlagzeuger nichts mehr retten.
Die martialische Maske ihres Bassisten kündigte im Anschluss daran den Auftritt der Hallenser New-Metal-Combo "Fat Ed" an. Als "Fake" im Wettbewerb gestartet, musste sich das Quintett aufgrund rechtlicher Schwierigkeiten mit dem schon geschützten Namenszug umbenennen. Geblieben ist der Inhalt: Brachiale Gitarrensounds, darüber die fast zarte Stimme ihres Frontmanns g.ott, der aber, wenn es gilt, auch zum Schrei-Teufel mutiert. Eine mutige Mischung, ganz dem Zeitgeist angesagter Crossover-Formationen aus dem Lager der Slipknots und Fear Factorys entsprechend. Dass die Gewinner anderer Nachwuchsfestivals hier ebenfalls eine echte Chance haben sollten, das blieb nicht lange verborgen. Auch wenn technische Schwierigkeiten für eine fast viertelstündige Zwangspause gesorgt hatten: so lange hatte der Masken-Mann gebraucht, um für Durchblick im Salat seines defekten Gitarrenkabels zu sorgen. Mit derartigen Problemen hatte die "Crane''s Bill"-Frontfrau Helen Jahn nicht zu kämpfen. Fast ehrfürchtig wurde am Mischpult ein Kopfhörer herumgereicht, um die perfekten Gesangslinien, die sie gemeinsam mit Backround-Vokalistin Katrin Endler in den Kreuzer zauberte, genießen zu können. Sheryl Crow und Alanis Morissette mögen Pate gestanden haben, ihre charmante Bühnenpräsenz hat sich Helen Jahn jedoch selbst erarbeitet. Leider konnten ihre Begleit-Musiker mit der musikalischen Tiefe ihrer Sängerin nicht Schritt halten. Als Soloprojekt vielleicht weit vorne, als Band landete Crane''s Bill nur auf den hinteren Plätzen.
Im Gegensatz dazu "Turn": Waren sie die Zielscheibe für Anfeindungen während des Vorausscheids, die Band hatte eine eigene Light-Show und einen eigenen Techniker dabei, bewiesen die vier Zerbster im Finale, dass sie auch ohne ausuferndes Equipment eine Klasse für sich sein können. Indie-Rock-Grunge beschreibt die Bandinfo den Stil, der sich in der Live-Show in kräftigen Posen und perfektem Zusammenspiel Ausdruck verleiht.
Und dann also die mehr als schwierige Entscheidung. Hauchdünn konnte sich am Ende "Turn" in diesem "Lidschlagfinale", so Steffen Andersch, durchsetzen. Der Lohn der Mühe, ein Auftritt beim landesweiten Wettbewerb. Auf dem Local-Heroes-Sampler werden mit je sechs Songs neben "Turn" auch "Fat Ed" und "Jerome" vertreten sein. Die Arbeit dafür im Studio beginnt Anfang des neuen Jahres.