Fischtreppe eingeweiht Fischtreppe in Dessau offiziell eingeweiht: Zählung sollen erste Erkenntnisse zum Erfolg der Anlage liefern

Dessau - An der Fischtreppe am Dessauer Muldewehr beginnt noch im März die erste Fischzählung. Acht Wochen lang werden die aktuellen Fischbestände erfasst, die erste Rückschlüsse zulassen, ob die bessere Passierbarkeit der Mulde tatsächlich schon zu mehr Artenreichtum im Fluss geführt hat.
Ab Ende August wird es dann noch einmal eine rund achtwöchige Fischzählung an der Aufstiegsanlage am Muldewehr geben. Vorabschätzungen gehen von 47 Fischarten aus, die im Fluss wieder heimisch sind, darunter auch Lachs und Stör.
Seit Ende 2017 ist die Fischtreppe in Betrieb. Am Freitag wurde sie offiziell mit Landesumweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen) und der Dessau-Roßlauer Bürgermeisterin Sabrina Nußbeck offiziell eingeweiht. Die Einweihung zum jetzigen Zeitpunkt begründete Burkhard Henning, der Direktor des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), mit dem Ersatzneubau der Muldebrücke und dem Extremwetter 2018.
Dessau mit seinem Muldewehr war lange Zeit eines der letzten großen Hindernisse für die Fische
„Durch den Brückenbau musste an unserer Anlage noch einmal nachjustiert werden. Und danach war das Wetter bis zum jetzigen Zeitpunkt für eine offizielle Einweihung nicht passend.“ Jetzt aber ist sprichwörtlich alles im Fluss und der Weg von den Laichplätzen in der Mulde zum Atlantik und wieder zurück barrierefrei möglich.
Dessau mit seinem Muldewehr war lange Zeit eines der letzten großen Hindernisse. Je nach Wasserstand müssen hier 1,50 Meter bis 2,50 Meter überwunden werden. Das schaffen nur die wenigsten Fische aus eigener Kraft. Um den Höhenunterschied problemlos auszugleichen, wurde an der Dessauer Mulde die rund 200 Meter lange Fischaufstiegsanlage installiert.
Zwei Jahre hat der Bau gedauert. Rund sieben Millionen Euro wurden investiert. Aufgrund dieser hohen Summe war die öffentliche Meinung zur Anlage voller Skepsis. „Kabarettist“ Mario Barth verspottete das Projekt in seiner Fernsehsendung als Steuerverschwendung. Dem wurde am Freitag zur offiziellen Einweihung vehement widersprochen. „Dem Patienten Mulde haben wir mit dieser Fischaufstiegsanlage auf dem Weg zur Genesung stark geholfen“, sagte Henning.
Seit 2015 wurde an der Dessauer Fischtreppe gebaut
Der Bau der Anlage war durch gesetzliche Vorgaben unausweichlich. „Durch die Wasserrahmenrichtlinie der EU mussten wir auch auf Landesebene handeln“, betonte zur offiziellen Einweihung die Landes-Umweltministerin Claudia Dalbert. Die seit dem Jahr 2000 bestehende Richtlinie sieht unter anderem auch vor, dass in den Flüssen der EU-Mitgliedsstaaten Hindernisse für Fische auf den Wegen zu ihren Laichgebieten beseitigt werden müssen. Das Dessauer Muldewehr war lange Zeit ein solches Hindernis.
Ein noch größeres Hindernis für die Fische stellte der Muldestausee im Landkreis Anhalt-Bitterfeld dar. Durch den 1976 künstlich angelegten Tagebausee mussten laut Dalbert die Fische bis zu sechs Höhenmeter überwinden. Ab 2009 wurden dort rund sechs Millionen Euro zum Höhenausgleich verbaut.
Dessau folgte als Letzes, was nicht zuletzt auch daran lag, dass es lange Überlegungen zur Nutzung von Wasserkraft am Muldewehr gab. Die wurden verworfen. 2013 setzten sich laut LHW-Direktor Henning die Verantwortlichen zu einem ersten Gespräch an einen Tisch, um dann doch den Bau der Fischaufstiegsanlage voranzutreiben. 2014 brachte die Stadt innerhalb eines halben Jahres die Genehmigung auf den Weg. Ab 2015 wurde gebaut. (mz)
Die Mulde prägte über Jahrhunderte die Geschichte und die Ökonomie in der Region. Historische Quellen überliefern, dass im Dreißigjährigen Krieg manche Hungerkatastrophe auch durch reichlichen Lachsbestand in der Mulde verhindert werden konnte. So sollen in der Region Dessau in den Jahren 1642/43 fast 5.000 Lachse aus der Mulde gefischt worden sein. Auch später war der Lachs aus der Mulde eine konstante und zuverlässige Einnahmequelle für das Fürstenhaus Dessau-Anhalt.
Bis in die 1930er Jahre erhielten sich die Bestände. Die zunehmend stärkere Industrialisierung ließ den Lachs über Jahrzehnte aus der Mulde verschwinden. Mit dem Bau der Aufstiegsanlage am Muldewehr können die Fische wieder barrierefrei zum Laichen. Konkrete Erkenntnisse zum aktuellen Fischbestand in der Mulde sollen die Fischzählungen in diesem Jahr bringen.

