Einstand mit Herausforderungen Einstand mit Herausforderungen: Winfried Holthaus ist neuer Präsident des Landgerichts in Dessau-Roßlau

Dessau - Winfried Holthaus ist der neue Präsidenten des Landgerichts in Dessau. Der Jurist war zuvor bereits Vizepräsident des Hauses. Damit kennt er die Gerichte Dessau-Roßlaus - und bescheinigt ihnen eine gute Zukunft. „Der Standort ist stabil“, sagte er gegenüber der MZ.
In der Vergangenheit waren durch Umstrukturierungen bei den Gerichten und zuletzt mit der Schließung der Justizvollzugsanstalt immer wieder Befürchtungen laut geworden, die Gerichte in der Stadt könnten aufgelöst werden.
Holthaus glaubt das nicht: „Wir haben vom Amts- bis zum Landesverfassungsgericht viele gut ausgelastete Gerichte. Und wenn man den Büroleerstand als Indiz nehmen wollte - den haben wir nicht.“
Die Personalnot an den Gerichten bereitet Winfried Holthaus Sorgen
Dennoch sieht er einige Herausforderungen auf die Gerichte zukommen - das allerdings flächendeckend im Lande. „Die Personalsituation ist nicht zuletzt wegen Krankheitsfällen angespannt, auch wenn die durch großes Engagement ausgeglichen werden.“
Das gelte durchweg für beinahe alle Bereiche, vor allem aber in den Geschäftsstellen, die für das Management zuständig sind, und bei den Rechtspflegern. „Dort haben wir eine äußerst ungünstige Altersstruktur.“ Mittelfristig seien dort unbedingt Einstellungen erforderlich, „damit wir einigermaßen sorgenfrei dem Tag X entgegen sehen können, wenn fast alle gleichzeitig in den Ruhestand gehen“.
Bei den Wachtmeistern sei die Situation etwas günstiger. Allerdings berücksichtigten der vom Land vorgegebene Personalschlüssel das Thema Sicherheit zu wenig: An den Amtsgerichten in Dessau, Wittenberg und Bitterfeld-Wolfen gebe es keine regelmäßigen Einlasskontrollen.
Schlagringe und Reizgas bei Personenkontrollen am Landgericht gefunden
Holthaus: „Es bereitet mir Sorgen, dass etwas passieren könnte.“ Dass zumindest ein potenzielles Risiko vorhanden ist, zeigt sich bei den Personenkontrollen am Landgericht, bei denen Besuchern gelegentlich Schlagringe, verbotene Messer, Reizgas oder Teleskopschlagstöcke abgenommen werden. Regelmäßige Begründung der Eigentümer: Sie führten die Waffen zum Selbstschutz bei sich.
Während Holthaus in den meisten Gerichten keine übermäßig langen Verfahren ausmachen kann, sieht dies bei den Strafkammern völlig anders aus - hier werden zum Teil viele Jahre alte Fälle verhandelt, weil Haftsachen Vorrang haben. Holthaus sprach von Herausforderungen durch große Prozesse.
„Die binden viel Arbeitskraft.“ Pauschale Kritik an der Einstellungspraxis des Landes will er nicht üben. „Ich glaube, es ist ein Bewusstsein für die Probleme vorhanden.“ Der Richterbund wird da deutlicher: Unter anderem der im Grundgesetz verbriefte Anspruch auf ein zügiges Verfahren bleibe immer mehr auf der Strecke.
„Je unausgegorener ein Gesetz, desto mehr Arbeit überlässt man den Gerichten“
Dazu trägt nicht zuletzt selbst die Gesetzgebung bei. Ob Verschärfungen im Sexualstrafrecht oder zuletzt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz - viele in den vergangenen Jahren erlassene Gesetze werden von Fachleuten als unpräzise gerügt. Holthaus: „Je unausgegorener ein Gesetz, desto mehr Arbeit überlässt man den Gerichten.“
So können sich selbst gut gemeinte Initiativen dem Recht suchenden Bürger zum Nachteil werden. Holthaus findet es eine gute Idee, wenn im Zivilrecht demnächst mehr spezialisierte Kammern eingerichtet werden.
Das bedeute jedoch, dass nunmehr oftmals von Anfang an drei Richter einen Fall begutachten, wo vorher einer reichte. Im Personalschlüssel schlägt sich das freilich nicht nieder. (mz)
Winfried Holthaus wurde 1971 in Dortmund geboren und studierte Jura in Nordrhein-Westfalen und Schottland. Er promovierte über Fragen des Kündigungsschutzes. Seine berufliche Karriere begann er bei einer mittelständischen Anwaltskanzlei in seiner Heimatstadt.
Vor 16 Jahren zog er nach Mitteldeutschland und war vor seiner Ernennung zum Landgerichtspräsidenten unter anderem Richter in Halle und am Oberlandesgericht Naumburg.