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Dessauer arbeitet in Südindien Dessauer arbeitet in Südindien: Strom für Baby Sarah's Home

Von heidi Thiemann 27.12.2014, 15:09
Nagaraj und Muthu pflanzen fleißig Bäume anlässlich des Welt-Ozon-Tages.
Nagaraj und Muthu pflanzen fleißig Bäume anlässlich des Welt-Ozon-Tages. Privat Lizenz

Dessau/Pondicherry - Man stelle sich vor, der Strom fällt aus. Heilig Abend oder auch an jedem anderen beliebigen Tag im Jahr. Dass plötzlich nichts mehr funktioniert - Kühlschrank, Licht, Telefon, Fernseher... - daran möchte man eigentlich nicht denken. Bei Dustin Lichey aber ist das anders. Bei dem Dessauer gehören Stromausfälle dazu - Tag für Tag in Pondicherry. Das liegt in Südindien, wo der Dessauer für ein Jahr im Waisenhaus Baby Sarah’s Home arbeitet. Sein Ziel: Diese Stromausfälle sollen der Vergangenheit angehören. Weshalb er als Teamleiter Spenden für eine Solarstromanlage sammelt.

Im Durchschnitt zwei Stunden

„Die regelmäßigen Stromausfälle haben je nach Dauer, Tages- und Jahreszeit unterschiedliche Konsequenzen in Baby Sarah’s Home“, berichtet er der Mitteldeutschen Zeitung. Generell funktionieren dann die Ventilatoren nicht. „Das hat als erstes zur Folge, dass die Moskitos ungestört über unsere Kinder herfallen können. Während der heißen Saison haben wir zudem regelmäßig mehr als 40 Grad. Ohne Ventilatoren ist die Hitze dann unerträglich.“ Lernen können die Kinder dann nicht.

Ohne Strom funktionieren auch die Wasserpumpen nicht. „Bei längeren Stromausfällen ist dann selbst der größte Wassertank ganz schnell leer, und Wasser von auswärts zu beschaffen, das ist auch sehr schwierig“, berichtet Lichey. Wenn abends der Strom ausfällt, ist es zwischen 18 und 19 Uhr zappenduster, weil die Sonne in Südindien bereits ganzjährig um diese Zeit untergeht.

Verbesserungen für die Kinder

Seit Juli erlebt und beobachtet Dustin Lichey, was Stromausfälle in dem Kinderheim bedeuten. Im Rahmen des European Volunteer Services, kurz EVS, ist der Diplom-Wirtschaftsmathematiker, der in Magdeburg studiert hat, in Pondicherry. Das Heim, erzählt der 26-Jährige, wurde 1995 in der Millionenstadt gegründet. Seit 14 Jahren kümmert sich der Verein Kinderlachen um die Finanzierung und damit den Erhalt des Waisenhauses. Doch es geht nicht nur um den Erhalt, sondern auch um Verbesserungen für die dort betreuten 110 Kinder. Diese stammen aus den ärmsten indischen Verhältnissen oder sind zu gut einem Drittel schwerbehindert.

Langer Tag

Der Tag beginnt für die Kinder schon sehr zeitig. Gegen 4.30 Uhr heißt es für alle aufstehen. „Dann bereiten sich die Kinder auf das Frühstück vor oder werden auf das Frühstück vorbereitet. Die Kinder helfen sich dabei gegenseitig“, berichtet Lichey, auch wenn das nicht immer einfach ist und teils sehr lange dauert. Nach dem Frühstück gegen 8 Uhr gehen alle Kinder in die Schule. Die Sechs- bis 16-Jährigen lernen auf der Joevi English High School, die älteren Waisen werden, wenn möglich, auf englischsprachige Privatschulen geschickt, um ihnen einen guten Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Die behinderten Kinder wiederum werden in der hauseigenen Spezialschule unterrichtet. Mittagessen gibt es gegen 13 Uhr. „Dann kommt meistens einer der Essenssponsoren“, so der Dessauer. Auch beim Essen helfen sich die Kinder gegenseitig und füttern die Behinderten. Danach geht die Schule für alle bis 17 Uhr weiter. Doch auch bis 20 Uhr gibt es noch Abendschule bzw. Nachhilfeunterricht oder eben Freizeit. Nach dem Abendessen für alle ist dann auch schon Nachtruhe angesagt.

Umstieg auf Solarenergie

Doch oft wird der Tagesablauf durch den im Durchschnitt für zwei Stunden ausfallenden Strom durcheinandergebracht. Weshalb das Heim auf Solarenergie umgestellt werden soll und Dustin Lichey vor Ort direkten Kontakt zu indischen Sponsoren aufbaut und pflegt, etwa über eine von ihm eingeführte elektronische Zeitung. „Der Umstieg auf Solarenergie könnte einen positiven Impuls für andere soziale Einrichtungen geben und der Anstoß zu einem wünschenswerten Wandel sein“, erzählt der Dessauer, dass das Projekt durch die Indische Regierung im Rahmen der Clean India Initiative unterstützt wird. „Das kann so für weiteres positives Aufsehen sorgen.“

Um den Energiebedarf mit Solarstrom zu decken, benötigt das Waisenhaus Baby Sarah’s Home etwa 6 000 Euro für Solarpanele und leistungsstarke Batterien. „Die Lebensdauer der Anlage liegt bei 25 Jahren und spart uns in dieser Zeit Kosten von etwa 40 000 Euro. Jeder gespendete Euro hat für uns also einen mehr als sechsfachen Wert“, wirbt Dustin Lichey für das Projekt an der indischen Südküste.

Wunsch fürs neue Jahr

Weihnachten hat der 26-jährige Dessauer in Indien verbracht. „Generell ist Weihnachten hier kein Feiertag“, erzählt er. „Die christliche Minderheit feiert im privaten Kreis. Wir als Freiwillige haben das in unserer WG getan. Diese besteht neben mir aus jeweils einem Freiwilligen aus Polen und Rumänien und einer Freiwilligen aus Italien. Dazu kommen dann noch zwei weitere deutsche Freiwillige, die direkt im Heim wohnen.“ Auch den Jahreswechsel wird er fern der Heimat erleben, der wohl etwas ruhiger ausfällt. Doch ohne Raketen und Knaller - und gute Wünsche - geht es auch in Indien nicht. Ein Wunsch ist die Solarstromanlage. (mz)

Die Jungs Aakash und Sudhan mit dem Initiator der Spendensammlung für die Solarstromanlage – Dustin Lichey aus Dessau.
Die Jungs Aakash und Sudhan mit dem Initiator der Spendensammlung für die Solarstromanlage – Dustin Lichey aus Dessau.
Privat Lizenz
Auf dem etwa 300 Quadratmeter großen Dach soll die Solaranlage entstehen.
Auf dem etwa 300 Quadratmeter großen Dach soll die Solaranlage entstehen.
Privat Lizenz