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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Rottweiler-Freunde als «Helferengel» geehrt

Von DANNY GITTER 07.09.2012, 11:31

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Den Verdacht, dass da etwas mit ihrer 23 Monate alten Mathilda nicht stimmt, hatten Doreen Kloske und Daniel Kemp schon länger. "Unsere Tochter war schon immer sehr zierlich. Als sie aber kaum noch was aß, haben wir uns richtig Sorgen gemacht", erzählt der Familienvater.

Hinzu kamen ständige Infekte. Erst dachten die Eltern, dass sich das im Laufe der Zeit legt und nur Begleiterscheinungen der Umstellung von Zuhause auf die neue Umgebung in der Kindertagesstätte "Topolino" in Klieken sind. Vor kurzem ist das Dessauer Ehepaar mit der Tochter und ihren Hunden in den kleinen Ort im Landkreis Wittenberg gezogen. Der Krankheitsverlauf wurde nicht besser. Eine Odyssee von Arzt zu Arzt begann. Unzählige Behandlungen, Therapien und Operationen folgten. Nichts konnte wirklich helfen.

Diagnose im Mai

Kemp machte sich kundig und hatte einen üblen Verdacht. Mukoviszidose. Doch kaum ein Mediziner wollte dieser Spur ernsthaft nachgehen. Zu selten, teilweise zu unbekannt ist diese Krankheit. Irgendwann reichte es den Eltern ihre Tochter leiden zu sehen, ohne wirklich zu wissen, was mit ihr ist. Als im Mai dieses Jahres ihre Mathilda mit einer Lungenentzündung ins Uniklinikum nach Halle-Kröllwitz eingeliefert wird, bleibt Kemp hartnäckig und drängt auf einen Mukoviszidose-Test. "Natürlich wollten wir endlich Gewissheit und hofften, das es gerade diese Diagnose nicht ist", so der junge Familienvater. Doch alles Hoffen war umsonst. Der Test war positiv.

"Die Bestätigung ist doppelt traurig gewesen und im ersten Moment ein regelrechter Schock", erinnert sich der 35-Jährige. Denn Mukoviszidose ist eine bis heute unheilbare Stoffwechselerkrankung. Die Lebenserwartung ist meist gering. Zäher Schleim befällt die Organe. Das Atmen fällt besonders schwer.

Nach der ersten Schockstarre der Diagnose habe er schnell versucht, die neue Herausforderung sachlich anzugehen, erzählt Kemp. Seine Frau ist damit noch immer emotional sehr belastet. Ein Leben so normal wie möglich wollen die Eltern ihrer kleinen Mathilda ermöglichen. Und trotzdem hat sich das Familienleben komplett umgekrempelt. Dreimal täglich muss das Kind inhalieren, Medikamente nehmen, regelmäßige Therapien über sich ergehen lassen und mindestens einmal im Monat ins Uniklinikum Halle-Kröllwitz. Mutter Doreen geht seitdem nur noch verkürzt in der Verwaltung eines Wasserversorgers in Bitterfeld arbeiten. "Das bringt auch finanzielle und soziale Einschnitte mit sich", macht der gelernte Pädagoge, der in Köthen eine Kindertagesstätte leitet, deutlich. Die Eltern sind trotzdem stolz, wie tapfer ihre Mat- hilda mit ihren noch nicht mal zwei Jahren den Alltag mit der Krankheit meistert. "Sie macht ganz normale Fortschritte in ihrer Entwicklung, wie die anderen Kinder ihres Alters", erzählt Kemp.

Ihre Tochter besucht weiter die Kindereinrichtung. Spielt und tobt mit den anderen nach Kräften. Trotzdem muss sie besondere Vorsicht walten lassen. Die Gefahr lauert in Form des Pseudomonas-Keimes, der sich in stehenden Gewässern bildet. Für gesunde Menschen ist er harmlos, für Mukoviszidose-Patienten lebensgefährlich. "Baden im Bassin ist deshalb tabu und Wasserflaschen, die zu lange offen stehen, müssen auch gemieden werden", erläutert Kemp.

Ein wirksames Medikament dagegen ist in der Erprobung. Mit 5,3 Millionen Euro unterstützt die Europäische Union die Studie. 800 000 Euro Eigenmittel muss der Auftraggeber, die Mukoviszidose e.V., ein Verein im Kampf gegen die Krankheit, aufbringen. Es ist selbstverständlich für die Eltern von Mathilda, sich dort zu engagieren. Kemp und seine Frau suchen auch Gespräche mit anderen Betroffenen, vor allem in Internetforen. "Da ist oft Resignation zu spüren. Doch das Schlimmste ist, sich einfach seinem Schicksal zu fügen", gibt sich Kemp kämpferisch.

Hilfsaktion in Kreuzbergen

Als Vorsitzender der Rottweiler-Bezirksgruppe Dessau und Umgebung hat er im Mai eine große Veranstaltung auf dem Sportplatz Kreuzberge organisiert. 2 500 Euro von den Erlösen hat sein Verein zur Finanzierung der Medikamentenstudie überreicht und wurde dafür mit einem Plakat vom Mukoviszidose e.V. als "Helferengel" ausgezeichnet. Auch Prominente, wie der Moderator Marco Schreyl, engagieren sich gegen die Krankheit.

Für das nächste Jahr plant Kemp mit dem Moderator eine Spendengala im MDR-Fernsehen. Die Gespräche dazu laufen. Einen warmen Geldregen soll das der Studie bringen. "Wir müssen nach vorne gehen und jede Chance nutzen, die es gibt", so Familienvater Kemp.