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Dessau-Rosslau Dessau-Rosslau: Katzen zeigen große Kämpferherzen

Von SILVIA BÜRKMANN 27.01.2010, 18:51

DESSAU/MZ. - Und schloss die Berichterstattung aus Kleinkühnau mit der Beobachtung von einem schwarzen Kater, der dem fremden Zaungast vor die Füße sprang und in den Hof am Bandort huschte.

"Das ist doch Micky", Marlies Franz war sich sicher. Und froh: "Er hat überlebt." Am nächsten Tag machte sich die Mitarbeiterin im Dessauer Tierheim auf den Weg. Schnellstmöglich, sobald die Ermittler den Brandort verlassen.

Die Tierfreundin, auch Mitglied im Tierschutzverein Dessau und Umgebung, versuchte Lockrufe und Zungenschnalzer. Stellte eine Schale mit Trockenfutter auf. Vergebens. Von den Katzen, die jahrelang zu Haus und Hof gehörten, war nichts zu sehen. Nicht einmal eine Schwanzspitze. "Hier lebten zwischen zehn und zwölf Katzen", weiß Marlies Franz. Die nach dem Brand ins Krankenhaus gebrachte Hausbewohnerin versorgte an offizieller Futterstelle des Tierschutzvereins sechs wild lebende Tiere und hatte etwa die gleiche Anzahl ins Haus genommen. Die Katzen waren medizinisch versorgt, wohlgenährt, gepflegt und kastriert. "Die Frau lebte allein und zurück gezogen, hat keine Verwandten mehr oder keinen Kontakt. Die Tiere waren für sie das 'Ein und Alles'", erzählt Marlies Franz traurig.

Als die 74-jährige Hausherrin im Spätherbst ins Krankenhaus musste, fütterten Marlies Franz und ihre Tierheim-Mitstreiter über sechs Wochen die Katzen. Einzelne Haustiere hatten Namen, darunter eben der schwarze Kater Micky. Bei der täglichen Fütterung über lange Zeit erwuchs zwischen Menschen und Katzen eine enge Bindung. Die anfangs sehr scheuen und "unberührbaren" Tiere fassten Vertrauen zu ihren "Fressnapfgebern", ließen sich zuletzt streicheln, ohne die Krallen auszufahren. Vor allem Micky, der dralle Schwarze, wuchs Marlies Franz ans Herz.

"Wir können die Tiere in dieser eisigen Kälte jetzt nicht sich selbst überlassen", war den Tierfreunden vom Friedrichsgarten klar. Täglich suchten sie deshalb die Brandruine in Kleinkühnau ab. Vorigen Freitag wurde Marlies Franz fündig, konnte ein herumsuchendes, grauweißes Kätzchen greifen und in die Sicherheit des Heimes bringen. Die Futterschalen aber blieben auch am Wochenende unberührt.

"Miau". Am Montag endlich war aus irgendeinem Versteck auf dem mit Schuppen und Nischen verbauten Gehöft ein klägliches leises Mauzen zu hören. "Micky? Bist du's? Wo hast du dich versteckt? Komm doch her." Das völlig verängstigte, verstörte Tier hielt Abstand, huschte aufgeregt hin und her. "Es gibt Stress- und Angstsituationen, da laufen Katzen direkt in ihr Verderben", weiß Tierfreundin Franz. Soll Micky nun das Feuer überlebt haben, um vor ein Auto zu rennen? Marlies Franz wartete geduldig, lockte und schnurrte. Und griff im rechten Augenblick beherzt zu.

Nunmehr leben also zwei Brandopfer-Katzen in Pflegestellen aus dem Franz'schen Familienkreis. Werden erst mal an sicherem warmen Ort in Ruhe gelassen und versorgt. Haben die Tiere ihr traumatisches Erlebnis überwunden, sollen sie für eine Vermittlung vorbereitet werden. Micky hat im neuen Zuhause Futter und Katzenklo akzeptiert. Und streicht nach ein paar Minuten Misstrauen auch dem fremden Besucher schmeichelnd um die Waden. Kennen wir uns nicht?

Die Tierfreunde halten täglich am Brandort nach weiteren überlebenden Vierbeinern Ausschau. "Ich denke, wir werden sie alle noch finden", hofft Marlies Franz. Tierheim und Tierschutzverein würden sich sehr freuen, wenn die Bürger aus Dessau-Roßlau für die "Kleinkühnauer Notfälle" in ihrem Portemonnaie eine Spende locker machen könnten. "Wir haben keine anderen Quellen als mitfühlende Mitmenschen", sagt Frau Franz.

Für die bisherige Katzenmama aus Kleinkühnau, die nicht in das zerstörte Haus zurück kann, hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Nach der Entlassung aus dem Städtischen Klinikum zog die Seniorin in ein Altenheim. Vielleicht ist das für alle die beste Lösung.

Spendenkonto Tierschutzverein Dessau und Umgebung: Volksbank Dessau-Anhalt; Konto: 10 11 68 100; BLZ: 800 935 74