Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Die Zukunft landet
dessau/MZ - Die Terrasse vor dem Tower des Dessauer Flugplatzes ist mit rund einem Dutzend Schaulustigen gut gefüllt. Punkt 13 Uhr beginnen die Fotoapparate zu klicken und die Videokameras diesen Moment festzuhalten. Als ob die Ju52 wieder ihre Heimat ansteuern würde. Doch was da am Donnerstag auf die Minute genau Dessauer Boden erreicht, ist nicht von altem Blech und jahrzehntelanger Historie.
„Hier landet die Zukunft“, kommentierte Hans-Georg Landes die Ankunft des e-Genius, einem Kraftpaket im Kohlefasergewand. Es ist ein Elektro-Flugzeug aus der Ideenschmiede des Instituts für Flugzeugbau der Universität Stuttgart. „Man kann schon sagen, dass das für Dessau ein historischer Moment ist“, sagt Landes, selbst leidenschaftlicher Segelflieger.
Es bleibt zumindest für die Geschichtsbücher festzuhalten, dass es der bisher längste Direktflug der Maschine war. Am Vormittag waren Pilot Len Schumann und Co-Pilot Ingmar Geiß in Pattonville bei Ludwigsburg (Baden-Württemberg) losgeflogen und ungefähr zweieinhalb Stunden später in Dessau gelandet. Vierhundert Kilometer hatten sie in dieser Zeit zurückgelegt. Doch Dessau war nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Strausberg bei Berlin. Dort findet ab Freitag bis zum Montag der „Green Speed Cup“ statt, bei dem sich der e-Genius ein Kräftemessen mit zehn weiteren Elektroflugzeugen liefern wird. „Wir hätten es vielleicht auch bis kurz hinter Wittenberg noch geschafft“, kommentiert Co-Pilot Geiß. Doch dann hätten sie auf Risiko gespielt. So haben sie sich entschieden, wie ursprünglich vorgenommen, im „sicheren Hafen“ Dessau zu landen.
Kaum hatten die Piloten die Flugzeughaube geöffnet, wurden sie mit Fragen der Schaulustigen konfrontiert. „Wie sieht es mit den Akkus aus?“ 450 Kilometer Reichweite hätten die im voll aufgeladenen Zustand, antwortet Pilot Schumann. Vier Akkus sind eingebaut, die auf der Technologie handelsüblicher Notebooks basieren. Allerdings machen diese mit 300 Kilogramm rund 40 Prozent des Gesamtgewichts des Zweisitzers aus. Sechs Stunden braucht es, die Akkus vollständig aufzuladen. In Dessau entschied sich die Crew, nur die Hälfte der Zeit in Anspruch zu nehmen, weil nur noch 160 Kilometer bis Strausberg bevorstanden. Die Zwischenlandung wurden vor allem als Ruhepause und mentale Vorbereitung auf den Wettbewerb genutzt.
Verstecken braucht sich das Stuttgarter Fabrikat in punkto Energieeffizienz übrigens nicht. „Es ist Öko im allerbesten Sinne“, erklärt Geiß. Weil es für die 400 Kilometer bis Dessau umgerechnet nur vier Liter Benzin verbraucht hat. Und weil es bei Start und Landung mit rund 60 Dezibel so leise war wie eine Nähmaschine. Dabei ist die „Sicht so toll wie bei einem Segelflieger, nur mit dem Vorteil eines Motors“, schwärmt Geiß. „Der schnurrt wie ein Kätzchen“, konnte es Pilot Schumann kaum abwarten, wieder einzusteigen.