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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Der Superdeich des Hauke Haien

Von ILKA HILLGER 26.10.2011, 17:58

DESSAU/MZ. - Hauke und Elke sind ganz blau. Dabei sollte Nordseeluft doch für einen frischen Teint sorgen. Vielleicht weht ihnen aber auch der raue Wind am Meer so um die Nase, dass es sie friert. Und Ärger zum Blau-werden hat Hauke Haien schließlich auch. Er ist der Deichgraf aus Theodor Storms Novelle "Der Schimmelreiter", ein Buch, das mancher noch aus dem Unterrichtsstoff kennt und das einen jungen Leser vielleicht eher verstörte, als Erkenntnis brachte. Im Alten Theater wird "Der Schimmelreiter" nun auf der Puppenbühne erzählt. Am Freitag um 19.30 Uhr hat das Stück in der Regie von Karin Eppler Premiere.

Von hinten greift Eppler in die beiden Puppen, die starr und stumm in der Probenpause auf der Bühne stehen. "So erwachen sie zum Leben", sagt sie und entschuldigt sich gleich, weil sie das längst nicht so gut kann wie die beiden Puppenspieler Uta Krieg und Helmut Parthier, letzterer ist auch für die Ausstattung der neuen Inszenierung verantwortlich.

Zwar spiele Storms Novelle in einer anderen Zeit, aber die Probleme Hauke Haiens seien zeitlos findet Eppler. Haien hat schon seit seiner Kindheit einen großen Plan: Er will einen neuen Deich am Nordseeufer seiner Heimat bauen, denn der alte Deich kann die Bewohner nicht vor der Flut schützen. Er geht in die Lehre beim Deichgrafen, heiratet dessen Tochter Elke und wird sein Nachfolger. Der Hauke-Haien-Deich wird gebaut, doch die Bewohner der Gegend wollen den Nutzen des neuen Deiches nicht verstehen. Bald gibt es Gerüchte um Hauke und seinen Schimmel, und merkwürdige Dinge passieren an der Küste der stürmischen Nordsee.

"Was ist für uns heute noch spannend an dieser Geschichte?", fragt Karin Eppler. Gut geschrieben sei sie, man tauche ein in das Leben weit vor unserer Zeit, vor allem aber erzähle sie von der Entwicklung eines Mannes und den Fehlern, die er macht. "Alles was war, ist Mist, ich hab was viel besseres", so erzählt die Regisseurin, sei Hauke Haiens Credo. "Damit stößt er die Leute natürlich vor den Kopf." Schnell ließen sich da Parallelen zur heutigen Basta-Politik finden, das Unwort "alternativlos" fällt Karin Eppler da ein, "damit bin ich als Bürger mundtot". Hauke Haien nimmt die Leute nicht mit, geht stur seinen Weg, so wie es auch heute noch etliche Politiker tun. "Ich verzichte jedoch auf Zwangsmodernisierung oder die große Gesellschaftskritik. Wir heften uns an Hauke Haien, sein Schicksal, seinen Aufstieg und seinen Fall. Mich interessieren die Menschen", so Regisseurin Eppler, für die die Schimmelreiter-Inszenierung nach "Pulli, Pulli" und "Die Wanze" die dritte Arbeit am Anhaltischen Theater ist.

Theodor Storm beschreibt in seiner Novelle auch die Mystik der nordfriesischen Landschaft in all ihrer Besonderheit und Wunderlichkeit. Entsteht ein Nordseepanorama auf der Puppenbühne? Karin Eppler schüttelt den Kopf. "Wir haben das Bühnenbild auf die Deiche reduziert. Mehr braucht es auch nicht, um etwas erzählen zu wollen. Ich muss dafür sorgen, dass die richtige Linie im Kopf der Zuschauer gelegt wird", so die Regisseurin, die die Kraft für ihre Inszenierung auch aus dem Sounddesign von Beat Graf schöpfen will. "Er nimmt Wind und Wellen nicht naturalistisch auf, aber es entsteht ein Sog, der einen in die Geschichte zieht", erklärt sie. Nicht zuletzt sorge dafür auch der Erzähler Stephan Korves, dessen Worte der Novelle einen Rahmen geben. Ob es aber den Schimmelreiter wirklich gibt? "Das möchte ich nicht entscheiden. Da geht es um etwas Imaginäres." Also wird man ab Freitag im Puppentheater sehen, wie unheimlich es am Nordseestrand von Karin Eppler und ihren Puppenspielern werden kann.