1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Bevölkerungs-Entwicklung: Bevölkerungs-Entwicklung: Dessau-Roßlau sieht alt aus

EIL

Bevölkerungs-Entwicklung Bevölkerungs-Entwicklung: Dessau-Roßlau sieht alt aus

Von Steffen Brachert 07.10.2014, 17:25
Eine Rentnerin hält einem Gehstock
Eine Rentnerin hält einem Gehstock dpa Lizenz

Brüssel/Dessau-Roßlau - Die Stadt Dessau-Roßlau zählt in Europa zu den drei Städten mit den meisten Rentnern. Das geht es einer Statistik hervor, die Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union, vorgelegt hat. In Dessau-Roßlau waren im Jahr 2013 28,8 Prozent der Einwohner über 65 Jahre. Nur die im Portugals Osten gelegene Region Pinhal Interior Sul (32,4 Prozent) und die griechische Region Evrytania rund um die Stadt Karpenisi (32,2 Prozent) haben einen höheren Anteil an Menschen dieser Altersgruppe.

1 315 Regionen untersucht

Untersucht wurden insgesamt 1 315 Regionen in den 28 Mitgliedsländern der Europäischen Union. Der durchschnittliche Anteil an Menschen über 65 Jahre liegt EU-weit bei 18,2 Prozent, in Deutschland bei 20,7 Prozent. In der deutschlandweiten Übersicht steht Dessau-Roßlau vor der Stadt Suhl. Dort beträgt der Anteil der Rentner 27,5 Prozent.

In Dessau-Roßlau war die hohe Zahl der Alten keine Überraschung. „Wir haben früh auf diese Entwicklung hingewiesen. Allenfalls ist neu, dass wir jetzt auch international in der oberen Liga angekommen sind“, sagt Dessau-Roßlaus Sozialdezernent Gerd Raschpichler, der auf eine längst erarbeitete städtische Pflegestrukturplanung verweist und meint: „In jeder Entwicklung steckt auch eine Chance, sich darauf einzustellen. Und das, ohne auf jeder Welle mitzureiten, die ankommt.“ Das sei mitunter ein Problem von Politik. „Wir müssen uns um die älteren Menschen in der Stadt kümmern, ohne uns nur auf diese zu konzentrieren.“

Die Stadt Dessau-Roßlau hatte Ende September 2014 noch 83 455 Einwohner. Das geht aus Zahlen hervor, die die Stadt auf der eigenen Webseite veröffentlicht. Zum Vergleich: 2007, als Dessau und Roßlau fusionierten, waren es noch 90 603 Einwohner.

Von den 83 455 Einwohnern sind über 13 000 zwischen 65 und 75 Jahre alt, fast 11 000 sogar 75 Jahre und älter. Dem gegenüber stehen 10 500 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.

Die regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes geht davon aus, dass Dessau-Roßlau im Jahr 2020 noch 75 900 und im Jahr 2015 noch 70 000 Einwohner hat.

Das sieht auch Wilfried Köhler so, der Demografieexperte in Sachsen-Anhalts Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. „Dessau-Roßlau nimmt eine Entwicklung vorweg, die ganz Europa noch bevorsteht: Die Gesellschaft altert. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen“, sagt Köhler und erinnert an zwei Brüche, die die Stadt erlebt hat. Die Zerstörung im zweiten Weltkrieg und der Zusammenbruch der Großindustrie in den Jahren nach der Wende. Ein ganze junge Generation wanderte damals ab - und fehlt bis heute. „Das lässt sich nicht ausgleichen.“

Trotzdem will Köhler nicht schwarzmalen. „Es gibt wieder ein Trend in die Städte.“ Halle und Magdeburg würden davon schon profitieren, auch Naumburg und Wernigerode, vielleicht bald auch Dessau-Roßlau? „Wir können derzeit nicht sagen, ob alle Dörfer eine Zukunft haben.“ Der demografische Wandel treffe manche Regionen noch viel härter.

Hochschule und Bauhaus

„Ich bin kein Freund, dass man eine Republik der Alten ausruft“, sagt Köhler und warnt die Städte davor, „die Bedürfnisse der jungen Leute aus den Augen zu verlieren, in dem Politiker vor Ort nur auf die Wählerstimmen der Alten schauen.“ Wichtig sei für Dessau-Roßlau beispielsweise die Hochschule Anhalt und das Bauhaus zu pflegen. „Das sind Institutionen, die junge Leute in die Stadt ziehen. Dort muss man ansetzen.“ (mz)