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Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Ohne Bescheinigung geht nichts

Von Claus Blumstengel 16.07.2004, 19:08

Meinsdorf/MZ. - Bis Februar war Alexander Krebs bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Bei seinen Einsätzen an verschiedenen Arbeitsorten kam ihm sein Schweißerpass zugute, den er in einer Qualifizierungsmaßnahme des Arbeitsamtes erworben hatte. "Damit hat man viel bessere berufliche Chancen", lautet seine Erfahrung. Doch wegen einer Auftragsflaute musste ihn sein damaliger Arbeitgeber entlassen. Ein schwerer Schicksalsschlag.

Im Juli nun der Hoffnungsschimmer: Die Agentur für Arbeit unterbreitete Alexander Krebs ein Jobangebot. Ein Unternehmen aus Roßlau sucht Leute mit seiner Qualifikation - und mit Schweißerpass. Der junge Mann hat sich dort sofort vorgestellt. Nun aber gibt es ein Problem. Wer wie im Fall von Alexander Krebs sechs Monate nicht mehr geschweißt hat, muss eine Wiederholungsprüfung absolvieren. Die dauert etwa eine Woche. "Meiner Meinung nach ist die Arbeitsagentur zurzeit sein Arbeitgeber. Demnach hat sie für diese Qualifizierung zu sorgen", sagt dazu Vater Manfred Krebs.

Doch ganz so einfach ist das nicht, wie von der Agentur für Arbeit zu erfahren war. "Laut Durchführungsverordnung zur Förderung der beruflichen Bildung können Wiederholungsprüfungen zur Verlängerung der Gültigkeit vorhandener Schweißberechtigungen nicht gefördert werden", informiert die Leiterin der Roßlauer Arbeitsagentur, Karin Mehl. So eine Prüfung kostet um die 2 000 Euro. Da erscheint es aus wirtschaftlichen Gründen verständlich, dass die Agentur diese nicht jeden Betroffenen alle sechs Monate absolvieren lässt. Und tatsächlich kann die Teilnahme an Schweißerlehrgängen nur dann gefördert werden, "wenn der Antragsteller eine schriftliche Einstellungszusage vorlegt", führt Karin Mehl weiter aus. Diese Zusage des künftigen Arbeitgebers müsse genaue Angaben zur Tätigkeit und zu den notwendigen Schweißkenntnissen und Prüfungen enthalten.

Genau diese Bescheinigung aber wolle ihm das Unternehmen, bei dem er sich beworben hat, nicht ausstellen, stellt Alexander Krebs resigniert fest. Sein Vater vermutet, das Unternehmen werde schon seine Gründe haben, so eine Bescheinigung nicht auszustellen, auch wenn es seinen Sohn gern einstellen möchte. "Die bisherigen Erfahrungen besagen, dass die Unternehmen bereitwillig Einstellungszusagen erteilen, wenn auch tatsächlich eine Arbeitskräftenachfrage besteht", äußert dazu Karin Mehl.

Auf die Frage, ob Unternehmen mit solchen Einstellungszusagen gegenüber den Arbeitsagenturen schon schlechte Erfahrungen gemacht haben, meinte Nadine Kupfer, Pressesprecherin der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, es sei kein einziger Fall bekannt, wo etwa eine Firma nach einer solchen Zusage auf den Qualifizierungskosten für den eingestellten Mitarbeiter sitzen geblieben wäre.

Manfred Krebs bleibt dabei: "Wie soll mein Sohn Arbeit bekommen, wenn er diese Qualifikation nicht hat?" In einigen Stellenangeboten sei eine fünfjährige Berufserfahrung als Voraussetzung genannt worden. "Wie sollen denn junge Leute nach der Ausbildung Berufserfahrung sammeln, wenn sie gar nicht erst eingestellt werden?", äußert er fassungslos. Sein Sohn Alexander habe Zehnklassenabschluss und einen ordentlichen Berufsabschluss. "Um nun als Hilfsarbeiter zu jobben?" fragt der Vater nach dem Sinn all der Anstrengungen. Bedenklich wäre auch, dass die etwa 18 000 Euro teure Schweißer-Ausbildung nun wohl für die Katz' sei.

Alexander Krebs jedenfalls will sich nun beruflich umorientieren. Während seines Zivildienstes bei der Lebenshilfe Rotall fand er Gefallen an der Betreuung von Menschen. "Ich könnte mir vorstellen, als Altenpfleger zu arbeiten." Eine Umschulung in diese Richtung sei aber nicht möglich, habe er von der Agentur für Arbeit erfahren. "Umschulungsmaßnahmen richten sich immer nach dem Arbeitskräftebedarf", bestätigt die Leiterin der Roßlauer Agentur Karin Mehl diese Aussage. In den vergangenen Jahren seien zahlreiche Arbeitslose zum Altenpfleger umgeschult worden. Sie hätten jedoch nicht in jedem Fall einen Arbeitsplatz bekommen. Zurzeit seien im Bereich der Agentur für Arbeit Dessau 230 Altenpfleger und Altenpflegehelfer arbeitslos gemeldet, während bundesweit 1 033 Gas-Wasser-Installateure gesucht würden. Die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt habe für die Agentur für Arbeit Vorrang vor Umschulung und Qualifizierung.

Ja, ihm seien auch Stellen als Gas-Wasser-Installateur in den alten Bundesländern angeboten worden, bestätigt Alexander Krebs. Der Verdienst dort sei aber so gering, dass nach Abzug von Unterkunft und Fahrtkosten zu wenig übrig bliebe.

Alexander Krebs hat sich jetzt als Erziehungshelfer bei einer Jugendeinrichtung in Pretzsch beworben. "Mein Sohn muss unbedingt noch in diesem Jahr wieder eine Arbeit bekommen", sagt Vater Manfred Krebs, "sonst verliert er noch jegliche Motivation."