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Geheimnisse im Untergrund Am Albrechtsplatz wurden alte Fundamente entdeckt - Verlief hier einst Dessaus Stadtmauer?

Von Heidi Thiemann Aktualisiert: 06.08.2021, 12:04
Am Albrechtsplatz wurden alte Fundamentstreifen und ein Kanal aus dem 18. Jahrhundert freigelegt.
Am Albrechtsplatz wurden alte Fundamentstreifen und ein Kanal aus dem 18. Jahrhundert freigelegt. (Fotos: Thomas Ruttke)

Dessau/MZ - Vorsichtig schürft der Fahrer mit der Baggerschaufel über den Untergrund, nimmt lockeres Material auf. Dann kratzt die Schaufel hörbar über etwas Hartes. Der Baggerfahrer hält sofort inne - und Simon Meier greift zu seiner Schaufel. Er schippt das lockere Material per Hand zur Seite, bis Mauerwerk unterm Albrechtsplatz zum Vorschein kommt. Gehört es zu Dessaus Stadtmauer?

Um dieses Geheimnis mit zu lüften, ist Meier, archäologischer Begleiter der Baumaßnahme am Albrechtsplatz, mit vor Ort. Mitte Juli wurde in der Nähe der Katholischen Kirche der Startschuss für die Neugestaltung des Platzes gegeben. Zuerst wechseln die Stadtwerke alte Trink- und Mischwasserleitungen, verlegen eine Niedrigspannungsleitung und erneuern die vorhandene Gasleitung zum Teil. Kein Stein bleibt auf dem anderen.

Das Zerbster Tor mit der Kirche St. Peter und Paul um 1857
Das Zerbster Tor mit der Kirche St. Peter und Paul um 1857
Foto: Stadtarchiv Dessau

Doch momentan ruht der Bau, weil in 80 Zentimeter Tiefe unter der früheren Fahrbahn Fundamente gefunden wurden. Meier vom Anhaltischen Förderverein für Naturkunde und Geschichte dokumentiert alles im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie. „Die Bauarbeiten finden in der Nähe der ehemaligen Stadtmauer statt“, erklärt der Hallenser, warum speziell hier auch mit Funden gerechnet worden ist.

Am Mittwoch voriger Woche waren die Bauarbeiter auf erste Fundamente gestoßen. Könnte es sich um die Basis der Stadtmauer selbst handeln? Oder um ein Gebäude außerhalb der Stadtmauer? Nur wenig später dann die nächste Entdeckung: neben dem zwischen 55 und 85 Zentimeter breiten Fundamentstreifen kommt ein aus Sandstein gemauerter Kanal zum Vorschein. Zum Teil ist er eingebrochen, zum Teil noch intakt. Meier erhofft sich von der Untersuchung im Inneren des Kanals Funde, die die Datierung sichern helfen. Er schätzt, dass der Kanal im 18. Jahrhundert angelegt sein könnte, als die Stadt weiterwuchs. „Ich gehe davon aus, dass Abwasser und Regenwasser darüber in Richtung Mulde abgeleitet wurde.“ Möglich sei auch, dass der 66 Zentimeter breite Kanal einen kleinen Bachlauf aufnahm, „damit die darüber hinwegführende Handelsstraße problemlos genutzt werden konnte“.

Dass die Fundamentreste der Stadtmauer oder dem Zerbster Tor zugeordnet werden können, das verneint der Archäologe. „Sie müssten breiter ausfallen“, erklärt er. Das Fundament ist mittlerweile über die ganze Straßenbreite freigelegt worden, was auch die Stadttor-Annahme ausschließt. Angelehnt daran verläuft der Sandstein-Kanal. Hier sieht Meier einen Zusammenhang.

Mauerreste im Hinterhof

Auffällig am Fundamentstreifen ist: Er läuft geradewegs zu auf das Haus am Albrechtsplatz 5. Und dieses Haus trägt an seinem Giebel Schmuck, der einst das abgerissene Zerbster Tor zierte. 1853 war das Tor neu gestaltet worden, aber nur dreißig Jahre später musste es bereits weichen. Im Gartenbereich des Hauses ist noch ein Stück der alten Stadtmauer erhalten. Umrankt von Grün und teilweise eingebrochen. Dokumentiert sind die Mauer wie auch zahlreiche Fotos und historischen Zeichnungen des Bereichs Albrechtsplatz und Zerbster Tor im Dessauer Stadtarchiv.

Im Hinterhof am Albrechtsplatz steht noch ein Stück Stadtmauer.
Im Hinterhof am Albrechtsplatz steht noch ein Stück Stadtmauer.
(Foto: Thomas Ruttke)

Inwieweit noch andere Fundamente und Mauern unterm Albrechtsplatz verborgen sind, vermag Archäologe Meier nicht zu sagen. „Der Boden wird hier nicht großflächig aufgemacht“, gegraben werde nur, wo auch tatsächlich Bauarbeiten stattfinden. Daher habe die Baufirma die Hoffnung, „dass ich diese Woche fertig werde. Ob dann noch Bedarf ist, muss ich schauen“, bleibt er vage. „Ich versuche, den Aufwand im Rahmen zu halten.“