Aktionsplan für Dessau Aktionsplan für Dessau: Lärm geht es an den Kragen

dessau-rosslau - Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Stadtgespräche“ hatte das Amt für Umwelt- und Naturschutz Dessau-Roßlau ins Dessauer Bürger-, Bildungs- und Freizeitzentrum, Erdmannsdorffstraße 3, eingeladen, um den Entwurf des Lärmaktionsplanes vorzustellen.
Noch bis zum 30. April 2015 liegt der Entwurf des Lärmaktionsplans der Stadt Dessau-Roßlau im Technischen Rathaus, Finanzrat-Albert-Straße 2, in Roßlau im Amt für Umwelt- und Naturschutz, Raum 109, zur Einsicht aus. Von Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 12 Uhr, sowie am Montag und Mittwoch zusätzlich in der Zeit von 13.30 bis15 Uhr, Dienstag von 13.30 bis 17.30 Uhr und Donnerstag von 13.30 bis 16 Uhr.
Er kann auch im Internet unter www.dessau.de/Deutsch/Umwelt-und-
Klimaschutz/Laermaktionsplanung eingesehen werden. Bis zum 30. April können Stellungnahmen zum Planentwurf an das Umweltamt abgegeben werden. Diese werden dann in den endgültigen Entwurf eingearbeitet, danach dem OB und Fachausschuss vorgelegt. Am 23. September soll der Lärmaktionsplan im Stadtrat verabschiedet werden. Dann können angestrebte Maßnahmen umgesetzt werden.
Auskunft gaben Amtsleiterin Gabriele Kegler und ihre Mitarbeiter Frank Kniestedt und Sven Jähnichen sowie Matthias Barth vom Ingenieurbüro Goritzka Akustik aus Leipzig.
Warum gibt es einen Lärmaktionsplan?
Die Europäische Union hat es sich zum Ziel gesetzt, in ihren Mitgliedsstaaten gesundheitsschädlichen Umgebungslärm, der durch Aktivitäten von Menschen im Freien verursacht wird, vor allem Verkehrslärm, einheitlich zu erfassen und schädliche Auswirkungen zukünftig zu minimieren oder gänzlich zu verhindern. Dafür wurde im Europaparlament im Juni 2002 die EU-Umgebungsrichtlinie verabschiedet. Auf nationaler Ebene wurde der Beschluss im Bundesimmissionsschutzgesetz verankert. Städte und Gemeinden wurden aufgerufen, in zwei Stufen bis zum 18. Juli 2013 Kartierungen von Straßen vorzunehmen, auf denen mehr als 8000 Kraftfahrzeuge täglich verkehren. In Dessau-Roßlau sind das insgesamt 59 Kilometer des Straßennetzes. Hier werden regelmäßig Werte von 65 Dezibel im 24-Stunden-Durchschnitt und Werte von 55 Dezibel in der Nacht (Zeitraum 22 bis 6 Uhr) überschritten. Das Umweltbundesamt geht bei einer dauerhaften Überschreitung dieser Messwerte von akuter Gesundheitsgefährdung aus.
Wie stellt sich die Lärmsituation im Stadtgebiet Dessau dar? Welche Maßnahmen wurden bereits realisiert oder sind geplant?
Zur Entlastung der Dessauer Innenstadt von Verkehrsaufkommen und Lärm wurden in der Vergangenheit bereits die Roßlauer Allee und die Heinrich-Deist-Straße neu gebaut. Der sogenannte Ringschluss mit der Realisierung der zweiten Muldebrücke und dem Bau der Ostrandstraße befindet sich derzeit in einem Planfeststellungsverfahren. Zur Senkung der Lärmbelastung wurde zudem in der Albrechtstraße sogenannter Flüsterasphalt aufgetragen und in der Stadteinfahrt Nord eine Fahrspur zurückgebaut. An den „Sieben Säulen“ wurde ein Kreisverkehr eingeführt. Nach Einschätzung von Matthias Barth vom Ingenieurbüro Goritzka Akustik aus Leipzig, das zuständig für die Dessau-Roßlauer Lärmkartierung ist, haben diese Maßnahmen eine Verminderung der Lärmbelästigung um bis zu vier Dezibel erbracht. Zukünftig werden zur Reduzierung des Lärmpegels an den meistbefahrenen Straßen Dessaus - dazu gehören u.a. die Wolfgang-, Kavalier-, Askanische-, Franz- und Heidestraße eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 auf 30 km/h sowie teilweise Fahrbahnverengungen erwogen. Für die vielbefahrene Köthener Straße sind zur Reduzierung des Lärmpegels um bis zu drei Dezibel drei Varianten im Gespräch: Reduzierung der Geschwindigkeit für Pkw und Lkw, Reduzierung der Geschwindigkeit nur für Lkw oder ein generelles Lkw-Durchfahrtsverbot.
Welche Maßnahmen sind in Roßlau geplant?
In Roßlau sind vor allem die Magdeburger und die Luchstraße von dauerhaften Überschreitungen der Lärmpegel von 65 bzw. 55 Dezibel betroffen. Eine wesentliche Entlastung wird hier in der geplanten Teilortsumgehung Roßlau gesehen. Hier sollen dem Bundesverkehrsministerium die Vorplanungsunterlagen vorliegen.
Mögliche Maßnahmen zur zusätzlichen Senkung der Lärmpegel sind Geschwindigkeitsreduzierungen von 50 auf 30 km/h für Lkw und Pkw oder nur für Lkw.
Im Entwurf zum Lärmaktionsplan sind auch „ruhige Gebiete“ ausgewiesen. Was hat es damit auf sich?
Einzelne Flächen im Stadtgebiet Dessau-Roßlau sollen zukünftig in besonderer Weise vor zunehmendem Lärm geschützt werden. Es handelt sich hier vor allem um Naherholungsgebiete. Dazu zählen unter anderem Flächen des Biosphärenreservats, Naturschutzgebiete, wie die Untere Mulde, innerstädtische Flächen, wie der Schillerpark, und Waldgebiete, wie die Mosigkauer Heide. Schutzmaßnahmen könnten die erschwerte Ansiedlung von Gewerbe, massive Verkehrsbeschränkungen im Umfeld und das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen auf den Flächen und im näheren Umfeld sein.
Was sind die Knackpunkte bei der Umsetzung des Lärmaktionsplans?
„Geschwindigkeitsreduzierungen sind nicht einfach durchzusetzen“, sagt Gabriele Kegler, Leiterin des städtischen Umweltamts. Ihrer Erfahrung nach stellen die Baulastträger der Straßen (städtische Verkehrsbehörde, Landesbehörden) den reibungslosen Fluss des Verkehrs fast immer über die Senkung des Verkehrslärms durch Geschwindigkeitsbegrenzungen her. Mit dem Lärmaktionsplan hofft die Amtsleiterin auch auf eine bessere argumentative Hilfe bei zukünftigen Verhandlungen mit den Verkehrsleuten. „Die angestrebten Maßnahmen dürfen auch nicht zu Verdrängungseffekten führen“, erklärt Frank Kniestedt, beim Umweltamt zuständig für Lärm. So dürfen Geschwindigkeitsreduzierungen auf den belasteten Hauptstrecken oder Durchfahrtsverbote für Lkw Seitenstrecken nicht überproportional belasten. (mz)
