Verein Aufbruch Verein Aufbruch: Weg zurück ins eigene Leben
Bitterfeld/MZ. - 15 Frauen und Männer - im Alter zwischen Mitte 20 und Ende 50 - werden in der Tageseinrichtung derzeit betreut. Obwohl hier das Wort betreuen eigentlich nicht das richtige ist. Denn die Frauen und Männer werden dazu angehalten, selbst aktiv zu werden. Über Beschäftigung sollen sie wieder lernen, ihren Tag zu strukturieren, Pläne zu machen, zu erkennen, dass sie Aufgaben lösen können. "Sie lernen wieder, Kontakte zu knüpfen. Denn das ist für psychisch kranke Menschen besonders wichtig. Ohne Kontakte ziehen sich die meisten völlig zurück", erklärt Sigfried Birkholz, Geschäftsführer des Vereins. Ziel für die Patienten in der Tagesgruppe soll letztlich sein, den Alltag selbstständig wieder bewältigen zu können.
Janet Lamer gehörte zu den ersten, die in Bitterfeld überhaupt aufgenommen worden sind. "Erst hatte ich absolut keine Lust", sagt sie. Oft habe sich die junge Frau damals zurückgezogen, blickt Kerstin Aschenbrenner, eine der Betreuerinnen, zurück. "Dann nahm sie sich ein Kreuzworträtsel und verschwand." Das hat sich gründlich geändert. Denn inzwischen spricht Janet Lamer von "sehr viel Spaß", wenn sie vom Tag in ihrer Gruppe erzählt. Und zum Kreuzworträtseln komme sie schon gar nicht mehr, verrät sie.
Auch Antje Fechtner tut die Gruppe gut. Die Beschäftigung sei sehr schön, besonders das Korbflechten gefalle ihr, sagt die Roßlauerin während sie in der Küche zusammen mit anderen Frauen Kuchen für die Gäste aufschneidet. "Und dass so viele Leute da sind, das ist richtig gut."
Seit genau einem Jahr, erklärt Kerstin Aschenbrenner, liegt die Tagesgestaltung fast vollständig in den Händen der Patienten, die nie lax nur mit dem Vornamen angeredet werden. Sie kochen gemeinsam nach einem vorher demokratisch festgelegten Plan, gehen zusammen einkaufen, machen die Zimmer sauber, essen alle an einem Tisch.
Verschiedene arbeitstherapeutische Angebote, Ausflüge oder der Kontakt zum Reiterhof Burgkemnitz gehören ebenfalls zum Tagesablauf in der Einrichtung, die einmalig ist im Landkreis. Auch ausruhen ist Teil des Tages. Wer nicht gut drauf ist, kann sich in einen extra dafür eingerichteten Entspannungsraum zurückziehen, wenn er will.
Eng arbeitet der Verein Aufbruch unter anderem mit der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wolfen zusammen. "Der Verein schließt die Lücke, die zwischen Therapie und Alltagsbetreuung klafft", erklärt Dr. Stephan Gantz, Leiter der Tagesklinik, und weist darauf hin, dass es so gut wie keine alternativen Angeboten für seelisch kranke Menschen im Landkreis gibt - wie betreutes Wohnen beispielsweise. "Zudem haben wir kein stationäres Angebot", sagt er.
Den Patienten wird der Verein zumeist vom Krankenhaus, vom Psychologen oder der Psychologischen Tagesklinik empfohlen. "Sie sind aber freiwillig hier", sagt Birkholz. "Sie können erst kommen und selbst sehen, ob das was für sie ist. Dann entscheiden sie sich."
Drei Ergotherapeuten und zwei über Teilzeit Beschäftigte sind von Montag bis Freitag für die Leute da. Und das in des Wortes wahrer Bedeutung. "Es ist manchmal schon schwierig. Aber es kommt ja auch was zurück", erklärt Birkholz. "Das ist schon gut so."