Namen auf der Wiese

Von lisa garn 18.12.2012, 18:45

raguhn-jessnitz/MZ. - Wenn man mal geht, will man irgendwie auch bleiben. An einem festen Ort. Das dachte sich ein Ehepaar aus Jeßnitz, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Es hat einen Vorstoß gewagt, um die Bestattungskultur im Altkreis Bitterfeld zu verändern: Auf dem Jeßnitzer Friedhof soll eine Fläche für halbanonyme Gräber entstehen. Dabei wird die Urne wie bei einer anonymen Bestattung unter dem Rasen vergraben. Genau darüber aber wird eine Steinplatte gesetzt, auf der der Name und auch das Sterbejahr der betreffenden Person stehen kann. Eine Form, die bisher im Altkreis nur die Stadt Bitterfeld-Wolfen im Juli eingeführt hat.

Mit ihrem Vorschlag wandten sich die beiden Jeßnitzer auch an den Ortsbürgermeister: "Seit zwei Jahren wird nun schon dafür gekämpft. Ich finde die Idee sehr gut und hoffe, dass endlich Bewegung in die Sache kommt", sagt Helmut Ernst. Er setzt sich aus mehreren Gründen ein: "Bisher war ein anonymes Urnengrab eben anonym. Angehörige wollen aber wissen, wo genau der Verstorbene liegt und wünschen sich einen festen Ort der Trauer." Zudem könnten Ehepartner beieinander beigesetzt werden. "Das ist ein sehnlicher Wunsch vieler älterer Paare." Ein weiterer Vorteil seien die geringeren Kosten für ein halbanonymes Urnengrab im Vergleich zu anderen Bestattungsformen. "Auch die Pflege ist weniger aufwendig." Ernst wünscht sich, "dass andere Kommunen die Idee aufgreifen".

Insgesamt entscheiden sich immer mehr Menschen für anonyme Urnengemeinschaftsanlagen auf einer so genannten "grünen Wiese". Dabei wissen die Angehörigen nicht, wo genau der Verstorbene liegt. Meist fällt die Entscheidung zu Lebzeiten, um die Kinder, die teilweise weiter weg wohnen, nicht mit jahrzehntelanger Grabpflege zu belasten.

Für den Vorstoß aus Jeßnitz wurden im Ort bereits Unterschriften gesammelt und immer wieder das Gespräch gesucht. "Leider verlief das bisher im Sande", sagt Helmut Ernst. Vor kurzem fand eine Begehung auf dem Friedhof statt. Der Raguhn-Jeßnitzer Bürgermeister Eberhard Berger (CDU) sicherte nun zu, sich für eine Änderung der Friedhofssatzung im kommenden Jahr einzusetzen. Entscheiden muss darüber der Stadtrat.

Auch Zörbig bemüht sich, halbanonyme Gräber zu ermöglichen. Während der heutigen Sitzung des Stadtrates ist eine Anhörung zur neuen Friedhofssatzung und zur Friedhofsgebührensatzung geplant. Ein Beschluss soll im ersten Quartal 2013 gefasst werden. In Bitterfeld-Wolfen bestehen bereits halbanonyme Gräber. "Bei den Baumurnengräbern werden die Verstorbenen rund um den Baum beigesetzt. Der Steinmetz fertigt innerhalb von drei Monaten eine kleine Platte an, auf der der Name steht", erklärt Stadtsprecherin Annett Vogel. Dies ist auf dem Bitterfelder Friedhof möglich. Zudem existieren Wiesenurnengräber in Wolfen und Bitterfeld. "Auch für diese Gräber werden Platten angefertigt, auf der die Angehörigen Blumen niederlegen können." Die Kosten für ein halbanonymes Wiesenurnengrab liegen bei 670 Euro, bei einem Baumurnengrab bei 680 Euro.